Politiker stehen oft vor sehr alltäglichen Problemen. Ist die Kita wegen einer Krankheitswelle dicht oder das Kind einfach noch zu klein, muss es irgendwie betreut werden. Abgeordneten im Düsseldorfer Landtag geht es nicht anders als normalen Arbeitnehmern. An Plenartagen wird das besonders schwer. Denn die dauern lange – und persönliche Anwesenheit ist Pflicht. Abstimmung im Homeoffice geht nicht.
Der Landtag reagiert nun auf den zunehmenden Druck, den man bei jungen Eltern im Parlament und in der Verwaltung spürt. Gerade hat die Suche nach einem Kita-Dienstleister begonnen, der in Räumen des Landtags an Plenartagen eine sogenannte Notbetreuung anbieten soll. Landtagspräsident André Kuper sagte dem WDR, dass zunächst ein Pilotbetrieb für zwei Jahre vorgesehen ist. Geplant sei. "dass in der Zeit von 9 Uhr bis 20 Uhr die Kinder in die Betreuung gegeben werden können" – wenn es nicht anders geht.
Mit Baby im Landtag
Dieses Angebot will auch Lena Zingsheim-Zobel (Grüne) nutzen. Sie ist seit einem Jahr Abgeordnete im Landtag, hat drei kleine Kinder – Baby Edda ist erst vier Monate alt. Zingsheim-Zobel nimmt das Mädchen jeden Tag mit in den Landtag, "weil ich sie stille und begleiten will". Edda kommt sogar mit in die Ausschüsse und auch ins Plenum, das diese Woche wieder startet.
Lena Zingsheim-Zobel (Grüne) mit Baby Edda
So wie die Grünen-Abgeordnete bringen einige Politikerinnen und Politiker ihre Kinder regelmäßig mit in den Landtag. Denn Landtagsabgeordnete können – im Gegensatz zu normalen Arbeitnehmern – keine echte Elternzeit nehmen. Sie sind gewählt und können sich nicht, wie etwa bei einem Bürojob, für ein Jahr vertreten werden.
Kinder sind im Plenum erlaubt
Dass ein Junge oder Mädchen mit in die Fraktionssitzung kommt, ist daher keine Seltenheit. Sogar im Plenarsaal sind manchmal Kinder. Auch der CDU-Abgeordnete Jörg Geerlings hatte seine Tochter Sarah schon mal mit: "Bei uns ist es auch ganz locker, dass die auch mal in den Plenarbereich dürfen. Ich habe mir sagen lassen, dass es im Bundestag wohl anders ist", sagt Geerlings.
Tatsächlich betont Präsident Kuper: "Wir sind ein kinder- und familienfreundlicher Landtag". Kinder seien im Plenum daher erlaubt. "Aber das ist natürlich nicht die optimale Form der Betreuung", weiß Kuper. Welches Kind bleibt schon stundenlang sitzen – während die Debatte tobt.
Ab Januar 2024 könnten die Kleinen stattdessen in die Landtags-Notbetreuung. Bis zu zehn Kinder sollen Platz in der Behelfs-Kita haben. Sie sollen dort basteln, toben und spielen. Es gibt Frühstück, Mittag und sogar Abendessen. Denn teilweise wird die Notbetreuung bis 20 Uhr geöffnet haben.
Gesetzesänderung nötig
Dafür muss sogar das Abgeordnetengesetz geändert werden. Dort ist alles festgelegt, was einem Abgeordneten zusteht: Vom Büro bis zu Bahntickets. Nur bisher keine Betreuung für Kinder. Das wird höchste Zeit, findet auch CDU-Mann Geerlings: "Ich finde es grundsätzlich gut, dass vor allen Dingen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für die Fraktionen, auch für Abgeordnete die Möglichkeit besteht, so etwas zu machen. Das sollte viel mehr sein".
Seine Tochter Sarah geht seit diesem Sommer zur Schule. Das verändert den Alltag erneut. Für Baby Edda ist die kleine Kita im Landtag ein Glücksgriff, so Lena Zingsheim-Zobel: Sie werde "mit Sicherheit" die Notbetreuung in Anspruch nehmen.
Blick ins Eltern-Kind-Büro im Fraktionstrakt der Grünen
Bislang nutzt sie oft das Eltern-Kind-Büro im Fraktionstrakt der Grünen. Hier steht sogar ein Babybett neben Spielzeug und Schreibtisch. Der Landtag hat auch Wickeltische und Kinderstühle in der Kantine. Mit der Notbetreuung ist er bald noch ein bisschen familienfreundlicher.
Über dieses Thema berichten wir am 23. August 2023 Mittwoch im Westblick auf WDR 5.