NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) stellt bei einer Pressekonferenz das Sonderdezernat zur Kriminalität in der Düsseldorfer Altstadt vor.

Cum-Ex: Justizminister Limbach gibt umstrittene Pläne auf

Stand: 12.10.2023, 13:29 Uhr

Die Umstrukturierung der für die Cum-Ex-Ermittlungen zuständigen Kölner Staatsanwaltschaft ist vom Tisch. Personelle Änderungen gibt es dennoch. Das erklärte Justizminister Benjamin Limbach im Rechtsausschuss.

Von Rainer StriewskiRainer Striewski

Zwischendurch wirkte der sonst so kontrolliert vortragende Justizminister fast etwas ungehalten: "Wir können jetzt ewig darüber diskutieren - was wäre wenn, hätte, hätte, hätte" erklärte Benjamin Limbach (Grüne) am Donnerstag im Rechtsausschuss. Entscheidend wäre für ihn nun, "dass wir jetzt uns alle unterhaken, den Rücken gerade machen", verteidigte Limbach seine späte Kehrtwende bei der Organisation der Cum-Ex-Ermittlungen. Die hatte sich schon Sonntag angedeutet - und wurde nach Angaben Limbachs nun am Mittwoch bei einem Arbeitstreffen im Justizministerium beschlossen.

Hauptabteilung sollte aufgeteilt werden

Eigentlich wollte Limbach die für die Aufarbeitung des Cum-Ex-Steuerskandals bundesweit wichtige Kölner Staatsanwaltschaft gravierend umbauen. Dazu sollte die bisherige Hauptabteilung H, die der renommierten Oberstaatsanwältin Anne Brorhilker untersteht, aufgespalten und mit einem neuen, zusätzlichen Leiter versehen werden.

Nach scharfer Kritik an den Plänen stoppte er am Wochenende aber die Umsetzung, um sie nach der Beratung am Mittwoch ganz vom Tisch zu nehmen. Warum erst so spät? Darüber wollte der Minister ("Hätte, hätte, hätte") am Donnerstag nicht diskutieren. Stattdessen erläuterte er den Mitgliedern des Rechtsausschusses seine neuen Pläne.

Zahl der Staatsanwälte wird erhöht

Spätestens Anfang 2024 sollen demnach in der Cum-Ex-Hauptabteilung vier zusätzliche Planstellen geschaffen werden. Damit würde die Zahl der Stellen für Staatsanwälte von 36 auf 40 steigen. Zudem soll eine neue Gruppenleitung koordinierende Aufgaben innerhalb der Hauptabteilung wahrnehmen.

Weiterhin soll ein "ressortübergreifendes Gesprächsformat" zwischen den Ministerien des Innern, der Finanzen und der Justiz eingerichtet werden, "das auf die Verbesserung und Verstetigung der Zusammenarbeit bei den Ermittlungen zielt", so Limbach an. Im Juli 2024 soll noch einmal überprüft werden, ob bzw. wie die Maßnahmen gewirkt haben.

Limbach: "Bin der Sache verpflichtet"

"Ich bin vor allem eins: Der Sache verpflichtet", betonte Limbach im Ausschuss. Und: "Wer der Sache verpflichtet ist, beharrt nicht stur auf einem Standpunkt. Wer der Sache verpflichtet ist, hinterfragt Standpunkte, Ideen und auch sich selbst", verteidigte sich der Minister.

Dabei ging er auch auf die späte Aktenlieferung an den Cum-Ex-Untersuchungsausschuss in Hamburg ein. Der hatte schon im vergangenen Jahr Unterlagen angefordert, die Herausgabe hatte sich aber so lange hingezogen, dass zwischenzeitlich sogar eine Hamburger Klage vor dem Bundesverfassungsgericht drohte. "Ja, es hat gedauert", bekannte Limbach. Die Gründe wären aber "vielgestaltig". Entscheidend wäre am Ende aber, zu liefern.

Opposition: "Limbach reagiert nur auf Druck"

Die Reaktionen auf Limbachs Auftritt im Rechtsausschuss fielen erwartbar unterschiedlich aus. "Es ist eine Stärke und keine Schwäche, getroffene Entscheidungen zu hinterfragen, um die besten Lösungen zu finden", erklärte Limbachs Parteifreundin Dagmar Hanses (Grüne) anschließend. Auch Gregor Golland, stellvertretender Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion, lobte Limbach als "fachlich einwandfrei agierenden Minister".

"Der Minister rudert nur dann zurück, wenn die Fraktionen von FDP und SPD mit einer weiteren Sondersitzung oder gar einem Untersuchungsausschuss drohen", betonte hingegen Werner Pfeil, rechtspolitischer Sprecher der FDP-Landtagsfraktion. Es dürfe nicht sein, dass ein Minister "nur auf lange andauernden Druck von Presse und Opposition hin reagiert, anstatt augenscheinliche Fehlentwicklungen schnell und eigeninitiativ zu korrigieren", so Pfeil.

Wer steht künftig dem OVG in Münster vor?

Limbach steht aber nicht nur bei der Aufarbeitung des Cum-Ex-Steuerskandals in der Kritik. Ihm wird auch vorgeworfen, unzulässigen Einfluss auf die Neubesetzung des Postens der Präsidentin oder des Präsidenten beim OVG Münster genommen zu haben. 

Deswegen musste er schon vergangene Woche dem Rechtsausschuss Rede und Antwort stehen - konnte mit seinen Ausführungen aber nicht alle Mitglieder überzeugen. Im Gegenteil: In der Sitzung wurde bekannt, dass er sich mit einer Bewerberin um die OVG-Präsidentschaft zu einem Abendessen getroffen hatte, bei der sie ihr Interesse an der Stelle bekundet hatte. Im weiteren Verfahren wurde die Frau von Limbachs Ministerium als "hervorragend geeignet" beurteilt - und sollte den Posten eigentlich bekommen. Das Verwaltungsgericht Münster stoppte das Verfahren aber nach der Beschwerde eines unterlegenen Bewerbers.

SPD sieht "irritierendes" Näheverhältnis

Seitdem steht der Verdacht im Raum, der Minister wäre befangen gewesen. Die SPD-Fraktion sieht ein "irritierendes Näheverhältnis". In einer Kleinen Anfrage an die Landesregierung, die dem WDR vorliegt, will die Opposition deshalb wissen, ob es zum schwarz-grünen Koalitionsvertrag "eine mündliche oder schriftliche Nebenabrede zwischen CDU und Grünen über eine Neubesetzung der Stelle" gab? Falls es so eine Nebenabrede gab, möchte die SPD-Fraktion wissen: "Mit welchen Mitgliedern der Landesregierung hat sich der Minister der Justiz im Zuge des Besetzungsverfahrens über den Prozess und seine Entscheidung zu welchem Zeitpunkt ausgetauscht?"

Auch wenn Justizminister Limbach sich am Donnerstag umfassend zu "Cum-Ex" erklären konnte - die Fragen rund um die Leitung des OVG werden ihn noch länger beschäftigen.

Unsere Quellen:

  • Sitzung des Rechtsausschusses im Düsseldorfer Landtag
  • Kleine Anfrage SPD-Fraktion
  • Stellungnahme der FDP
  • WDR-Recherchen
  • dpa