Landtag beschließt Nachtragshaushalt und Rettungsschirm für Stadtwerke

Stand: 03.11.2022, 13:00 Uhr

900 Millionen, unter anderem für die schwarz-grünen Wahlversprechen, plus fünf Milliarden an günstigen Krediten für die Stadtwerke in NRW: Der Landtag hat ein dickes Finanzpaket beschlossen.

Von Thomas Drescher

Mit der Regierungsmehrheit von CDU und Grünen hat der NRW-Landtag den Nachtragshaushalt für 2022 beschlossen. Er umfasst ein Volumen von fast 900 Millionen Euro. Außerdem wurde ein Rettungsschirm für Stadtwerke beschlossen, um möglicherweise drohenden Strom- und Gasausfällen vorzubeugen.

Hilfen für Stadtwerke

Stadtwerke, die eigene Energieversorgungsunternehmen betreiben, sollen von der NRW-Bank zinsgünstige Darlehen erhalten. Damit soll vermieden werden, dass sie in Zahlungsschwierigkeiten geraten und womöglich Strom und Gas nicht mehr an ihre Kunden liefern können. Mit dem nun beschlossenen Rettungsschirm mit einem Volumen von fünf Milliarden Euro erhalten sie die Möglichkeit, teures Gas und Strom so lange einzukaufen, bis die Preisbremse wirkt.

Unberechenbarkeiten

Beim Nachtragshaushalt für das laufende Jahr geht es auch um Einnahmen. Ganze 2.230 Millionen Euro nahm das Land bis August durch Steuern mehr ein, als im Haushaltsplan für 2022 erwartet. Gleichzeitig gab es, bedingt durch die Folgen des russischen Angriffs auf die Ukraine, nicht kalkulierte Mehrausgaben.

Außerdem sollen mit dem Nachtragshaushalt Ausgaben für den Klimaschutz und eine bessere Bezahlung von Lehrkräften finanziert werden. Insgesamt würde das Land mit dem geplanten Nachtragshaushalt 897,3 Millionen Euro mehr ausgeben, als ursprünglich geplant.

Lehrerbesoldung

NRW startet schrittweise mit der Angleichung der Eingangsbesoldung für alle Lehrämter. Sie soll mit monatlichen Zulagen von jeweils 115 Euro pro Jahr für alle Lehrkräfte der Primarstufe und der Sekundarstufe I bis zum 1. August 2026 dazu führen, dass dann alle, unabhängig von der Schulform, in der Besoldungsstufe A 13 ankommen.

Ausgezahlt wird der Zuschlag von 115 Euro monatlich ab dem 1. Januar – rückwirkend zum November 2022. Ab dem 1. August 2025 wird infolge der jährlich fortschreitenden Aufstockung jeweils um weitere 115 Euro ein Plus von insgesamt 460 Euro erreicht.

Mehrere Lehrerverbände begrüßten den Aufschlag, der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft dauert die Angleichung allerdings zu lang. Der Philologenverband mahnte, auch Lehrer an Gymnasien und Gesamtschulen hätten "ein Zeichen der Wertschätzung" und Entlastung verdient.

Industrie

Die Industrie in Nordrhein-Westfalen soll insgesamt 200 Millionen Euro an Landesmitteln abrufen können, um Investitionen in den Klimaschutz zu finanzieren. Die FDP kritisierte, die Wirkung dieser Maßnahme werde sich erst spät entfalten. Hier habe "Wüst den Grünen ein Wahlgeschenk ermöglicht".

Ukraine

Der größte Posten bei den Mehrausgaben steht im Zusammenhang mit Flüchtlingen aus der Ukraine. Mit insgesamt 574 Millionen Euro sollen unter anderem 1.000 weitere Lehrerstellen geschaffen werden. Derzeit würden mehr als 35.000 Kinder aus der Ukraine in NRW unterrichtet, bislang seien etwas 250.000 Ukrainer vor dem Krieg nach NRW geflüchtet.

Sicherheit

Für die Bereiche Katastrophenschutz, Klima-Anpassung, Energiewende und Hochwasserschutz sollen insgesamt rund 250 neue Stellen eingerichtet werden. Im Innenministerium werde zudem die Einheit für Cyber-Sicherheit verstärkt. Das sei im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg besonders bedeutsam, sagte Wüst. Bei der Polizei gebe es, wie im Koalitionsvertrag versprochen, eine Erhöhung der Einstellungsermächtigungen um 400 auf 3.000 Stellen jährlich – und zwar schon mit diesem Nachtragshaushalt.

Keine neuen Schulden

Trotz des Nachtrags von 897 Millionen Euro plane NRW weiter mit einem schuldenfreien Haushalt für das laufende Jahr, betonte der Finanzminister. Auch, wenn sich das Haushaltsvolumen damit auf 88,4 Milliarden Euro erhöhe, könnten alle neuen Investitionen in Bildung, Klimaschutz, Sicherheit und die Hilfe für die Ukraine aus den Einnahmen gedeckt werden.

Ein Nachtragshaushalt beziffert die Kosten, die das Land zusätzlich zu dem schon lange zuvor beschlossenen Haushaltsplan ausgeben will. Oft betrifft das Dinge oder Vorgänge, die ein Jahr zuvor noch nicht absehbar waren. Um einen Nachtragshaushalt umzusetzen, muss die Landesregierung ein eigenes Gesetz beschließen.

Der WDR berichtet über dieses Thema u.a. in den aktuellen Sendungen des WDR Fernsehens, in den Hörfunknachrichten sowie im Westblick auf WDR 5.