Der Landtag in Düsseldorf am Freitag 5. Juli 2024

Tödliche Attacke auf 20-Jährigen: Trauer und Polemik bei Landtagsdebatte 

Stand: 05.07.2024, 12:58 Uhr

Die Familie des 20-jährigen Philippos , der nach einer brutalen Prügelattacke in Bad Oeynhausen starb, fordert, dass die Tat nicht politisch instrumentalisiert wird. Im Landtag hielten sich nicht alle Redner daran.

Von Martin TeiglerMartin Teigeler

Der NRW-Landtag hat über die tödliche Attacke auf den 20-jährigen Philippos T. in Bad Oeynhausen debattiert. Philippos "wurde getötet - aus dem Nichts, und ohne Grund", sagte Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) am Freitag in Düsseldorf. Den unfassbaren Schmerz der Familie könne man nur erahnen. Zuvor hatte auch der Bundestag über die Tat debattiert.

Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU)

Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU)

"Jeder Versuch, Philippos schrecklichen Tod für politische Zwecke zu missbrauchen, ist inakzeptabel und unerträglich", sagte der Ministerpräsident. "Philippos hat selbst Wurzeln in unterschiedlichen Kulturen." Noch seien nicht alle Hintergründe der Tat klar.

Zum 18-jährigen Tatverdächtigen, der aus Syrien geflüchtet war, sagte Wüst: "Er hatte die Chance auf ein gutes Leben." Er habe diese Chance nicht genutzt. Diese Tat verdiene "eine harte, eine gerechte Strafe".

SPD-Fraktionschef Jochen Ott warnte davor, die Gewalttat mit der Herkunft des Tatverdächtigen erklären zu wollen. "Der Täter allein trägt die Schuld – und deshalb muss und wird er bestraft werden", sagte Ott.

SPD-Fraktionschef Jochen Ott

SPD-Fraktionschef Jochen Ott

Herkunft, Religion und Migration an sich erklärten nichts. Auch Millionen Menschen mit Migrationsgeschichte in Nordrhein-Westfalen "wollen Freiheit, Sicherheit, Recht und Ordnung", so Ott.

FDP contra Grüne

Der FDP-Innenexperte Marc Lürbke verlangte, "Asylmissbrauch konsequenter zu unterbinden". Die Grünen müssten herauskommen aus ihrem "Heile-Welt-Paralleluniversum". Man brauche einen "wehrhaften Rechtsstaat", der denen "Zähne zeigt", so Lürbke, die "Gastfreundschaft mit Gewalt quittieren".

Man müsse "ruhig und sachlich" über Hintergründe der Tat sprechen, sagte Grünen-Fraktionschefin Verena Schäffer. Nach der furchtbaren Tat müsse man auch über junge, männliche Intensivtäter sprechen. Sicherheit sei komplex - mit einfachen Antworten löse man nicht die Ursachen. "Wir wollen Nordrhein-Westfalen noch sicherer machen", so Schäffer.

AfD setzt auf Polemik gegen CDU

Das "linke Establishment" spiele alles herunter, sagte Daniel Zerbin (AfD). Er sprach von einem "Chor der Moral-Apostel" und kritisierte "Warner vor Instrumentalisierung". Die CDU habe die Grenzen "weit geöffnet" und eine "Migrationswelle" ausgelöst. Zerbin nutzte die Debatte für politische Frontalkritik an Ministerpräsident Wüst und Innenminister Herbert Reul (CDU). Er warf der CDU vor, gemeinsam mit der Antifa zu marschieren.

Der Versuch der AfD, mit "billiger Polemik" den "Tod eines jungen Menschen zu instrumentalisieren" und "Stimmung gegen Ausländer zu machen, das ekelt mich an" sagte Reul als Reaktion auf Zerbin. Er wandte sich gegen "Hetze und Geschwätz". Der Innenminister räumte Probleme bei der Sicherheit in NRW ein, aber es gebe keinen einfachen Antworten.

CDU-Innenexperte Gregor Golland wurde persönlich - gegenüber Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Sie hatte mit Blick auf den Tatverdächtigen von gescheiterter sozialer Integration gesprochen. Golland attestierte Faeser "Kälte" und eine "Täter-Opfer Umkehr par excellence". Nach der Kölner Silvesternacht 2015/16 hatte Golland noch den damaligen NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) persönlich verantwortlich gemacht.

Tatverdächtiger sitzt in U-Haft

Der 18-jährige Tatverdächtige von Bad Oeyhausen sitzt wegen Totschlags und gefährlicher Körperverletzung in Untersuchungshaft - und schweigt bislang. Laut Bielefelder Staatsanwaltschaft soll der Syrer den 20-Jährigen vorher nicht gekannt haben, ihn unvermittelt attackiert, auf dessen Kopf eingeschlagen und eingetreten haben. Der junge Mann starb wenige Tage später.

Auslöser und Motiv der Gewalttat sind weiter unklar. Der Beschuldigte war vorher durch Gewalt-, Eigentums- und Betäubungsmitteldelikte aufgefallen, aber nicht vorbestraft.