Fall Krefeld: Druck auf Paul wächst
Aktuelle Stunde . 17.10.2024. 36:54 Min.. UT. Verfügbar bis 17.10.2026. WDR. Von Mathea Schülke.
Krefeld: Fragen an Flüchtlingsministerin Paul
Stand: 17.10.2024, 18:22 Uhr
Der mutmaßliche Brandstifter von Krefeld war bereits vor zehn Jahren in Haft, wurde danach aber nicht abgeschoben. Warum nicht? Flüchtlingsministerin Paul sucht nach Antworten.
Von Rainer Striewski
Schon lange vor den Bränden von Krefeld letzte Woche galt der mutmaßliche Brandstifter als Sicherheitsrisiko. Bereits 2009 fiel er etwa durch Randale in städtischen Ämtern auf. 2010 wurde er sogar vom Landgericht Krefeld verurteilt. Laut Ermittlungsbehörden wurden ihm Gewaltdelikte und Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung vorgeworfen. Als er 2014 aus der Haft entlassen wurde, erfolgte jedoch keine Abschiebung in sein Heimatland.
Warum nicht? NRW-Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne) gibt sich im WDR-Interview ratlos: "Warum aber auch nach der Verbüßung einer Haftstrafe, dieser Mann also im Jahr 2014 nicht rückgeführt werden konnte, entzieht sich meiner Kenntnis. Das ist eine Frage, die sich an den damaligen Innenminister richtet."
Abschiebehaft nur bei Aussicht auf Abschiebung
NRW-Flüchtlingsministerin Josefine Paul (Grüne)
Nach seiner Haftentlassung tauchte der Mann offenbar für zehn Jahre nicht mehr in Krefeld auf. Als er im April dieses Jahres zurückkehrte, sei er laut Stadt zunächst nicht größer aufgefallen. In Abschiebehaft kam er nicht. Denn diese gelte "für diejenigen, die auch tatsächlich rückgeführt werden können", erklärt Flüchtlingsministerin Paul weiter. "Es ist weder eine Strafhaft noch eine Beugehaft. Dort wo keine reale Möglichkeit einer Rücküberstellung oder einer Abschiebung besteht, kann zunächst auch keine Abschiebehaft angeordnet werden bzw. würde durch einen Richter so nicht genehmigt werden."
Abschiebung bisher nicht möglich
Da die Identität des 38-Jährigen nicht zweifelsfrei geklärt werden konnte, war eine Abschiebung nach Auskunft verschiedener Behörden bisher nicht möglich. Der Mann hatte verschiedene Identitäten genutzt, um Asylanträge zu stellen. Nach Angaben der Stadt Krefeld ist deshalb eine "Passbeschaffung im Zwangsverfahren" für die Ausländerbehörden nicht möglich, da die iranischen Behörden sogenannte Freiwilligkeitserklärungen der Betroffenen verlangten.
Somit endet die Reise des Mannes vorläufig dort, wo sie 2002 begonnen hatte. Eine Rekonstruktion:
2002
- Einreise aus dem Iran nach Deutschland
2008
- Zuweisung nach Krefeld (So werden Geflüchtete in NRW untergebracht)
2009
- Nach Randale im Rathaus Einweisung in eine psychiatrische Klinik
2010 bis 2014
- Verurteilung zu einer Haftstrafe von vier Jahren und drei Monaten, u.a. wegen Straftaten gegenüber damaligen städtischen Mitarbeitenden
2014 bis 2024
- Aufenthalt unter verschiedenen Identitäten in verschiedenen Ländern (u.a. Frankreich, wo er weitere Freiheitsstrafen verbüßte)
2024 - April
- Rückkehr nach Krefeld mit Duldung
- Abschiebung ist nicht möglich
2024 - September
- Bedrohung von Mitarbeitern der Stadt
- Aufnahme in das Landeskonzept "Periskop"
2024 - 08. Oktober
- Bedrohung von Mitarbeitern im Ausländeramt