"Selbstverständlich bringen die steigenden Zinsen den Haushalt in enorme Bedrängnis", schreibt zum Beispiel die Stadt Herne auf Anfrage des WDR. Die verschuldete Stadt hat im Moment rund 500 Millionen Euro Liquiditätskredite zu bedienen, auch Kassenkredite genannt. Sie spielen gerade eine besondere Rolle, weil bei ihnen die Zinsbindungsfrist kurz ist. Man merkt den Zinsanstieg also schnell.
Herne rechnet in diesem Jahr deshalb mit Mehrausgaben in Millionenhöhe. Im Moment geht die Stadt von 14 Millionen Euro Zinsbelastung aus - das wären etwa 50 Prozent mehr als im Vorjahr. Finanzieren muss die Stadt das mit neuen Krediten. Denn weitere Einsparmöglichkeiten gebe es in Herne nahezu nicht mehr.
Auch Düsseldorf muss an Rücklage
Die Stadt Duisburg rechnet vor, dass der Zinssatz für Kassenkredite noch vor einem Jahr im Minusbereich lag. Zuletzt sei er auf 1,6 Prozent gestiegen. Wieviel mehr die Stadt deshalb in diesem Jahr ausgeben muss, lasse sich nur näherungsweise sagen – schon allein weil die Zinsen weiter steigen könnten. Jede Erhöhung um 0,5 Prozentpunkte koste Duisburg etwa drei Millionen Euro pro Jahr.
Auch andere befragte Städte wie Oberhausen und Mülheim an der Ruhr erwarten höhere Ausgaben für Zinsen im Bereich von mehreren Millionen. Selbst das finanziell ganz gut aufgestellte Düsseldorf glaubt, dass es zusätzliche Mittel aus der allgemeinen Rücklage verbrauchen muss.
Zinsen und Kosten fressen Steuerplus
Aus Sicht der Kommunen kommt mit den gestiegenen Zinsen eine weitere Belastung oben drauf. Mülheim zum Beispiel betont, dass auch die Inflation und höhere Tarifabschlüsse für das Personal Geld kosten. Duisburg erwähnt die steigenden Kosten im Energie- und Baubereich. Erwartete höhere Steuereinnahmen würden so aufgefressen werden.
Die befragten Kommunen wünschen sich deshalb mehr finanzielle Unterstützung. Aus Sicht der Stadt Mülheim sollte der Bund mehr Sozialausgaben übernehmen, sie seien insbesondere im Ruhrgebiet die Hauptursache für kommunale Überschuldung. Die Stadt Herne hat einen ganzen Katalog von Vorschlägen. Darunter sind eine auskömmlichere Finanzierung der Versorgung von Geflüchteten und eine Reform der Kita-Finanzierung.
Idealer Zeitpunkt zur Entschuldung verpasst
Die Kommunen fordern außerdem erneut einen Altschuldenfonds. Die schwarz-grüne Landesregierung hatte angekündigt, einen solchen einzurichten, wenn der Bund das nicht mache. Eine Einigung zwischen den beiden Ebenen gibt es weiterhin nicht.
"Jetzt sind wir an dem Punkt, dass auf der Bundesebene die Kraft zu fehlen scheint", sagt deshalb der Geschäftsführer des Städtetages NRW, Helmut Dedy. Das Land müsse sein Versprechen jetzt wahr machen und den Altschuldenfonds einrichten.
Der ideale Zeitpunkt für eine Entschuldung der Kommunen ist aus Sicht des Städtetages allerdings verpasst worden. Mit den historisch niedrigen Zinsen wäre das einfacher gewesen, doch die sind erst einmal Geschichte.
Über das Thema berichtet der WDR am 05.01.2023 u.a. im Westblick auf WDR 5.