Ein Tachenrechner liegt auf Dokumenten mit Euro-Beträgen

NRW will 7,5 Milliarden Altschulden der Kommunen übernehmen

Stand: 05.06.2024, 12:17 Uhr

Seit vielen Jahren ächzen etliche Städte in NRW unter der Last alter Schulden. Ein neuer Vorschlag der Landesregierung stößt auf viel Zustimmung - auch bei der Opposition.

Von Thomas DrescherThomas Drescher

Die schwarz-grüne Landesregierung hat einen neuen Vorschlag zur Regelung der kommunalen Altschulden in Nordrhein-Westfalen unterbreitet, der die hoch verschuldeten Städte ab dem kommenden Jahr deutlich entlasten könnte.

Wie Ministerpräsident Wüst am Dienstag in Berlin erklärte, wolle das Land in den kommenden 30 Jahren jeweils 250 Millionen Euro zum Abbau der Altschulden beitragen. In Summe wären das 7,5 Milliarden Euro. Die gleiche Summe erwarte das Land von der Bundesregierung.

"Historische Entlastung" der Kommunen

Sollte die Bundesregierung diesem Vorschlag zustimmen, Land und Bund zusammen 15 Milliarden Euro aufbringen, könnten die Kommunen in NRW tatsächlich aufatmen. Wüst sprach von einer "historischen Entlastung". Der derzeitige Stand der Liquiditätskredite belief sich nach Worten von Kommunalministerin Ina Scharrenbach (CDU) Ende 2023 auf 20,9 Milliarden Euro.

"In schwierigen Zeiten treffen wir eine Festlegung, die uns auf Jahrzehnte bindet", sagte Wüst unter Hinweis auf die ebenfalls angespannte Haushaltslage des Landes. Dieses Versprechen an die Kommunen sei der richtige Ansatz, um gemeinsam mit dem Bund zu einer substanziellen Lösung zu kommen.

Die stellvertretende Ministerpräsidentin Mona Neubar (Grüne) sagte: "Eine funktionierende öffentliche Infrastruktur sichert das demokratische Fundament". Marode Schulen und Straßen, geschlossene Bäder und Bilbliotheken sorgten mit dafür, dass dieses Fundament erodiert, so die Ministerin. Wegen der erdrückenden Schuldenlast sei es vielen Kommunen lange nicht möglich gewesen, in dieses Fundament zu investieren.

Vorschlag für neue Altschuldenregelung in NRW

WDR 5 Westblick - aktuell 05.06.2024 05:47 Min. Verfügbar bis 05.06.2025 WDR 5


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Ungewisser Ausgang

Ob die Bundesregierung sich in diesem Umfang an den Altschulden beteiligen wird, ist ungewiss. In ihrem Koalitionsvertrag hatte sich die Ampel zu einer Altschuldenregelung bekannt. Finanzminister Lindner (FDP) hatte frühere Vorschlage zu einer Beteiligung des Bundes an kommunalen Altschulden abgelehnt, nun aber selbst Eckpunkte vorgelegt, die als Grundlage für Gespräche dienen könnten.

Sollte sich die Ampel in Berlin tatsächlich auf ein entsprechendes Gesetz einigen, bräuchte es die Zustimmung des Bundesrates. Dort herrscht allerdings bei vielen Ländern die Haltung vor, dass verschuldete Städte in anderen Teilen der Republik sie nichts angehen.

Eine weitere Hürde ist eine notwendige Änderung des Grundgesetzes. Dafür bräuchte es Zweidrittelmehrheiten in Bundestag und Bundesrat und mithin viele Stimmen aus der Union.

Viel Zustimmung

Der stellvertretende Vorsitzende des Städtetags NRW, Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) sagte, nun sei der Bund am Zuge, damit es "zu einer auskömmlichen Lösung" kommt. Kufen lobte die Landesregierung, die sich die Regelung der Altschulden in den Koalitionsvertrag geschrieben hatte.

"Die Landesregierung hat Wort gehalten und nun einen neuen Vorschlag mit zusätzlichen Landesmitteln für das Altschuldenproblem vorgelegt." Thomas Kufen (CDU), Oberbürgermeister von Essen

Auch die kommunalen Spitzenverbände in NRW begrüßten den Vorschlag der Landesregierung als "belastbares Modell" und "gute Grundlage" zur Lösung der erdrückenden Altschulden. Entscheidend seien aber nun die Details.

Der SPD-Landesvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Achim Post sagte, "wenn das Angebot aus NRW erst gemeint ist, werden wir Schwarz-Grün im Interesse der verschuldeten Städte und Gemeinden unterstützen, um schnell zu einer Altschuldenlösung zu kommen." Es sei gut, dass sich die NRW-Landesregierung endlich auf den Bund zubewege.

Zustimmung kam auch von der AfD im Landtag. Deren Abgeordneter Sven Tritschler sagte, endlich nehme die Landesregierung - wenn auch viel zu spät - den Kampf gegen die Altschulden auf. Es bleibe zu hoffen, dass der Ankündigung nun auch taten folgten.

Kritik von der FDP

Kritisch äußerte sich der Chef der FDP-Fraktion im Landtag, Henning Höne. Es sei zwar "ein gutes Signal", dass das Land die Kommunen nun erstmals mit eigenem Geld in der Altschuldenproblematik unterstützen will. Doch viele Details, etwa wie genau das Geld unter den Kommunen verteilt werden soll, habe Wüst völlig offen gelassen.

Höne verwies auf den ersten Versuch zur Altenschuldenregelung im vergangenen Jahr. Nach heftiger Kritik der Kommunen und der Opposition im Landtag hatte Kommunalministerin Ina Scharrenbach ihren Vorschlag zur Regelung der Altschulden wieder zurückgezogen.

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