Für Bescheidenheit war am Montagabend im NRW-Wirtschaftsministerium kein Platz, als NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) und vier Unternehmen der Energiewirtschaft die Vereinbarung einer "Integrierten Netzplanung NRW" unterschrieben haben.
Von einer "Blaupause für ganz Deutschland" war die Rede, von einer "Vorreiterrolle", von "Pionierarbeit" ja sogar von einem "Gewaltakt". Ziel des Ganzen ist die Klimaneutralität bis 2045, zu der sich Deutschland mit dem Klimaschutzgesetz verpflichtet hat.
Gemeinsame Planung
Das Neue an diesem Projekt ist, dass Konkurrenten aus der Energiewirtschaft zusammenarbeiten, um die Netze für die Energieträger Strom, Gas und Wasserstoff gemeinsam zu planen. Damit dann beispielsweise Gasleitungen auch für den Transport von Wasserstoff genutzt werden können.
Dem Wasserstoff kommt beim Umbau der Wirtschaft hin zur Klimaneutralität eine zentrale Rolle zu: Er wird die Industrie versorgen, die ihre Produktion nicht elektrifizieren kann, sondern auf einen flüssigen Energieträger wie Gas oder eben Wasserstoff angewiesen ist.
Ebenfalls neu an dem Projekt der "Integrierten Netzplanung" ist, dass es eine konkretere Bedarfsplanung für NRW gibt: Welche Trassen und Leitungskapazitäten werden überhaupt benötigt? Zur Antwort haben drei wissenschaftliche Institute beigetragen.
"Gewaltiges Investitionsvolumen"
Wie groß die Herausforderung des Netzausbaus auf dem Weg zur Klimaneutralität ist, wurde mehr angedeutet als konkret beziffert. Immer wieder war von Investitionen in Milliardenhöhe die Rede, "mehrere Tausend Kilometer Erde" müssten aufgerissen werden für den Netzausbau.
Die Beteiligten am Projekt
Das Projekt wird getragen vom NRW-Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie, Open Grid Europe, Thyssengas, Amprion und Westnetz. Die wissenschaftliche Expertise stammt vom Energiewirtschaftlichen Institut an der Universität Köln (EWI), dem Forschungszentrum Jülich und dem Institut für Elektrische Anlagen und Netze, Digitalisierung und Energiewirtschaft (IAEW) der RWTH Aachen.
Was passiert in Berlin und Brüssel?
Bei der Unterzeichnung der Vereinbarung waren neben Mona Neubaur vier Vertreter der beteiligten Unternehmen. Sie alle legten der Ministerin dringend ans Herz, ihre Anliegen bitte bald bei Robert Habeck, dem Bundeswirtschaftsminister, vorzutragen. Denn, das hatte Neubaur zuvor betont: "Der aktuelle Rechtsrahmen lässt die gemeinsame Betrachtung der Netzplanung nicht zu."
Noch muss also im Bundeswirtschaftsministerium im komplexen Räderwerk des Netzausbaus und seinen Gesetzen und Verordnungen an einigen Stellschrauben gedreht werden. Und auch dieser Satz fiel in Düsseldorf: "Es fehlen noch ein paar Haken aus Brüssel", also Genehmigungen vonseiten der EU. Auch technisch sei noch einiges zu klären, damit Wasserstoff durch Gasleitungen fließen könne.
Einig waren sich die Beteiligten in dem Punkt, dass es jetzt schnell gehen müsse, sehr schnell.