Jahresbescheid, Abrechnung, Wassergebühren

Bund der Steuerzahler kritisiert hohe Abwassergebühren

Stand: 16.08.2024, 15:34 Uhr

Der Gebührenbescheid 2024 dürfte manchen geschockt haben: In einigen Kommunen NRWs stiegen die Abwassergebühren um mehr als 50 Prozent.

Von Nina Magoley

Zwar hatte im Mai 2022 ein Gericht festgestellt, dass die Abwassergebühren in zahlreichen Städten NRWs zu hoch kalkuliert waren. Daraufhin senkten viele Kommunen ihre Preise. Doch dann änderte die Landesregierung das Kommunalgesetz - und 2024 stiegen die Abwassergebühren mancherorts auf Rekordhöhe.

Der Durchschnittspreis, den ein Musterhaushalt in NRW für Abwasser zahlt, sei nun erstmals auf über 800 Euro gestiegen, gab der Bund der Steuerzahler NRW am Freitag bekannt. Im vorigen Jahr waren es rund 755 Euro. Dieser Anstieg von über sechs Prozent liege deutlich über der Inflationsrate, die laut amtlicher Statistik in NRW für Juli 2024 mit 2,3 Prozent angegeben wurde.

Als Musterhaushalt rechnet der BdSt einen Vier-Personen-Haushalt auf 130 Quadratmetern.

Monschauer zahlen die höchsten Preise

Ein Fluss fließt mitten durch das Bild. Rundherum stehen Fachwerkhäuser.

Monschau: Teuerstes Abwasser

Und auch ein weiteres Ärgernis bleibt demnach unverändert: Je nach Kommune zahlen Anwohner erheblich unterschiedliche Preise. So liegen die Abwassergebühren in Reken bei 1,45 Euro pro Kubikmeter, während man in Monschau 6,82 Euro zahlt - fünf Mal so viel. In Monschau kostet einen Musterhaushalt allein das Abwasser 1.572 Euro im Jahr, in Reken dagegen nur 330 Euro.

Hausbesitzer finden diese gestiegenen Kosten direkt in der jährlichen Abrechnung der Grundgebühren. Mieter bezahlen sie über ihre Nebenkosten.

Sämtliche Gebühren im Vergleich listet der BdSt kommunengenau hier auf:

Preissteigerung: "historischer Rekord"

In acht Kommunen NRWs stiegen die Abwassergebühren demnach sogar um mehr als 30 Prozent - ein "historischer" Rekord, so der Bund der Steuerzahler. Betroffen sind Erftstadt (+ 58 Prozent), Legden (+ 52 Prozent), Bedburg-Hau (+ 50 Prozent), Heinsberg (+ 40 Prozent), Merzenich (+ 39 Prozent), Oelde (+ 35 Prozent), Unna (+ 34 Prozent) und Gangelt (+ 31 Prozent).

Die Zahl der Kommunen, in denen die Abwassergebührenbelastung über 1.100 Euro im Jahr liegt, hat sich 2024 gegenüber 2023 mehr als verdoppelt: von 12 auf 25. Hinzu kommen natürlich überall noch die Kosten für Frischwasser.

Bodenbeschaffenheit spielt eine Rolle

Abwasserkanal

Abwasserkanal unter dem Rhein

Berechnet werden diese Sätze in den Kommunen anhand verschiedener Faktoren. Einerseits spielt der Aufwand eine Rolle, mit dem Abwasserkanäle und - technik in einer Region gebaut und betrieben werden. In felsigen Gegenden der Eifel beispielsweise kann das aufwändiger sein als im flachen Münsterland. "Wer mehr Aufwand hat und ein größeres Leistungsspektrum anbietet, muss auch mehr Kosten umlegen", sagte Christof Sommer vom Städte- und Gemeindebund NRW.

Zudem dürfen Kommunen Kosten wie eine "angemessene Verzinsung des betriebsnotwendigen Kapitals" oder Entgelte für die Leistungen Dritter mit einrechnen. Auch werden die Gebühren vielerorts über den Wiederbeschaffungswert einer Anlage berechnet.Wer mal nach einem Wohnungseinbruch seine Hausratversicherung in Anspruch nehmen musste, weiß, dass letzterer deutlich teurer ist als der Anschaffungswert.

Steuerzahlerbund: "Bürger subventionieren Kommunen"

Mit der Änderung des Kommunalabgabengesetz 2024 habe die Landesregierung das OVG-Urteil von 2022 "ausgehebelt", krisitert der Bund der Steuerzahler. Es dürfe nicht sein, dass Bürger über die Abwassergebühren den allgemeinen Haushalt der Kommune subventionieren, sagte der NRW-Vorsitzende Rik Steinheuer.

Auch die FDP in der Opposition übt Kritik: Durch die aktuellen Regelungen werde den NRW-Kommunen "weiterhin genau das erlaubt, was das Gericht verboten hat", sagte Dirk Wedel, Fraktionssprecher für Heimat und Kommunales. "Die Berechnung der Abwassergebühren sollte sich fairerweise an der aktuellen gesamtwirtschaftlichen Zinsentwicklung orientieren und nicht an künstlich hohen Zinssätzen, die nur für klamme kommunale Kassen gut sind."

Klimawandel bringt mehr Kostenaufwand

Der Städte-und Gemeindebund NRW wies die Vorwürfe des Steuerzahlerbunds am Freitag zurück: "Der alljährliche Gebührenvergleich vom Bund der Steuerzahler führt mehrfach in die Irre", sagte Hauptgeschäftsführer Sommer. Gerade bei den Abfall- und Abwassergebühren könne die Höhe der Gebühr nur bei Städten und Gemeinden verglichen werden, "die über eine deckungsgleiche geographische Ausgangslage und das gleiche Leistungsangebot verfügen".

Inflationsbedingt zahlten Abwasserbetriebe außerdem deutlich höhere Preise für Chemikalien zur Abwasserreinigung auf den Kläranlagen. Auch müssten Kommunen mehr Vorsorge betreiben, um den inzwischen regelmäßig auftretenden Starkregenereignissen gerecht zu werden. Dazu gehörten zum Beispiel unterirdische Speicherbecken unter öffentlichen Grünanlagen.

Dennoch appelliert der Bund der Steuerzahler an die Kommunen: Jede könne ihre Abwassergebühren freiwillig fair kalkulieren - keine sei gezwungen, die Spielräume des Gesetzes "bürgerunfreundlich auszureizen".

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