Kritik an NRW-Gesetz zur Wärmeplanung
Stand: 20.11.2024, 16:15 Uhr
In seltener Einigkeit bringt der Landtag ein NRW-Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung voran. Doch Experten und Verbände sehen noch offene Fragen. Andere Bundesländer seien bei der Wärmewende weiter als NRW.
Von Martin Teigeler
Nach dem Bund und anderen Bundesländern ist Nordrhein-Westfalen kurz davor, ein Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung zu verabschieden. Schwarz-Grün, SPD und FDP stimmten am Mittwoch in einer gemeinsamen Sitzung mehrerer Landtagsausschüsse dafür. Bald wird dann das Landtags-Plenum in Düsseldorf entscheiden.
Klimaneutrales Heizen bis 2045?
Zweck des Gesetzes ist es, "eine flächendeckende Wärmeplanung in NRW verpflichtend einzuführen", so der Entwurf. Dadurch solle "ein Beitrag zu einer effizienten, wirtschaftlichen und klimafreundlichen Wärmeversorgung sowie zum Klimaschutz geleistet werden". Ziel ist eine "klimaneutrale Wärmeversorgung" bis 2045.
Bisher wird in NRW-Privathaushalten vor allem noch mit Gas und Öl geheizt: Laut IT.NRW wurde 2022 in rund zwei Drittel aller Wohnungen mit Gas geheizt. In 14 Prozent der Wohnungen diente Heizöl als Energielieferant. Das Heizen insgesamt macht 40 Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland aus.
Das seit 2024 gültige Bundes-Wärmeplanungsgesetz verpflichtet die Bundesländer zur flächendeckenden Wärmeplanung in ihren Gebieten. Andere Bundesländer wie Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen, Schleswig-Holstein und Niedersachsen hatten bereits vor Verabschiedung des Bundesgesetzes eigene Wärmegesetze mit teils früheren Fristen eingeführt. Nun legt NRW nach.
Fernwärme oder Wärmepumpe?
Die kommunale Wärmeplanung soll in Großstädten ab Mitte 2026 und für die restlichen Kommunen ab Mitte 2028 gelten. Hauseigentümer sollen bis dahin wissen, ob sie zum Beispiel an ein Fernwärmenetz angeschlossen werden oder ob sie sich bei einer neuen Heizung um eigene dezentrale Lösungen kümmern sollen - zum Beispiel um eine Wärmepumpe.
Wärmeplanung: Wie heizen wir in Zukunft?
Westpol. 17.11.2024. 05:42 Min.. UT. DGS. Verfügbar bis 17.11.2029. WDR. Von Timucin Tim Köksalan, Fritz Sprengart.
Einzelne Wärmeplanungen sind schon abgeschlossen, zum Beispiel in Kamp-Lintfort. Die Stadt ist eine von fünf Pilotkommunen. Im Plan steht zum Beispiel, dass es nicht überall Fernwärme geben wird. Oder auch, in welchen Wohnlagen es günstiger ist, auf eine Wärmepumpe oder andere Lösungen zu setzen.
NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) sieht das Gesetz als einen Baustein, um Nordrhein-Westfalen zur "ersten klimaneutralen Industrieregion Europas" zu machen. Man wolle die interkommunale Zusammenarbeit bei der Wärmeplanung vorantreiben. Auch die Digitalisierung soll dabei helfen.
Kritik an NRW-Gesetz vom Umweltinstitut
Die Landesregierung NRW habe "die Chance verpasst, im Wärmeplanungsgesetz für mehr Klimaschutz zu sorgen", sagt Till Irmisch vom Umweltinstitut München. Das Zieljahr 2045 sei "zu spät, um international vereinbarte Klimaziele einzuhalten".
Außerdem mache die Landesregierung nicht von der im Bundesgesetz explizit festgeschriebenen Möglichkeit Gebrauch, den verpflichtenden Anteil von erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme in bestehenden Wärmenetzen zu erhöhen. Einige Städte in NRW wie Bonn und Düsseldorf hätten bereits mit der kommunalen Wärmeplanung begonnen, andere Bundesländer seien "jedoch schon deutlich weiter" als NRW, so Irmisch.
Umweltverbände fordern soziale Abfederung
Vor wenigen Tagen legten neun Umweltverbände Forderungen zur Wärmeplanung vor. Nachhaltig und sozial verträglich solle die Umstellung sein, fordern unter anderem Greenpeace und der Umweltverband BUND. Die Nutzung von Wasserstoff in Gebäudeheizungen sei zum Beispiel "extrem kostspielig und ineffizient", warnten die Organisationen.
"Kommunen müssen die Auswirkungen potenzieller Wärmequellen auf die Heizkosten untersuchen – insbesondere bei vulnerablen Gruppen – und Förderprogramme einkommensgestaffelt aufsetzen", heißt es in der Stellungnahme. Gerade in Mietshäusern sollten die Warmmieten durch die Neuerungen nicht steigen.
"Echte erneuerbare Wärme"
Die Verbände wollen, dass "echte erneuerbare Wärme" zum Einsatz kommt. Die eingeplanten Wärmequellen müssten im Einklang mit Klima-, Natur- und Ressourcenschutz stehen - konkret: "(Groß-)Wärmepumpen, Geothermie, Solarthermie und unvermeidbare Abwärmepotentiale setzen sollten, ergänzt durch Speicherlösungen".
Dass das Thema Heizkosten ein großes Aufregerthema ist, hatte nicht zuletzt der Streit um das Heizungsgesetz auf Bundesebene gezeigt. Abzuwarten bleibt, welche Rolle die Heiz- und Energiewende im beginnenden Bundestagswahlkampf spielen wird. Experten sagen, dass der Staat viele Milliarden in die Wärmewende investieren muss.
Unsere Quellen:
- eigene WDR-Recherchen
- Till Irmisch auf WDR-Anfrage
- Stellungnahme von neuen Umweltverbänden
- Material der Nachrichtenagentur dpa
Über dieses Thema berichten wir am 20.11.2024 im "Westblick" auf WDR 5 .