Die EU-Kommission hat deutsche Milliarden-Beihilfen zum Bau einer Großanlage für die Herstellung von klimafreundlicherem Stahl durch Thyssen-Krupp genehmigt. Konkret gehe es um Unterstützung in Höhe von bis zu zwei Milliarden Euro, teilte die Kommission am Donnerstag mit.
Landesregierung erfreut über Zusage
Damit ist der Weg frei für die "größte Einzelförderung in der Geschichte unseres Landes", sagte NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU). Das Land unterstütze Thyssen-Krupp mit bis zu 700 Millionen Euro. Wüst sagte: "Heute ist ein guter Tag für das Klima und für unseren Industriestandort Nordrhein-Westfalen", es sei einer der wichtigsten Projekte auf dem Weg zur Klimaneutralität.
Auch NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Grüne) sprach von einem entscheidenden Tag für die Zukunft des Stahlorts Nordrhein-Westfalen: "Lange haben wir auf Entscheidung der EU-Kommission warten müssen, umso größer ist die Freude, dass sie nun gefallen ist." ThyssenKrupp Steel könne damit "schon zeitnah den CO2-Ausstoß der Produktion um knapp 20 Prozent senken". Das entspreche acht Prozent der Treibhausgasemissionen der gesamten NRW-Industrie.
Habeck: "richtig guter Tag"
Neubaur dankte ihrem Parteikollegen Robert Habeck für seinen Einsatz. Der Bundeswirtschaftsminister kommentierte die EU-Entscheidung auf einer Auslandsreise in Indien: "Es ist ein richtig guter Tag, der zeigt, dass das Industrieland Deutschland eine grüne Zukunft hat." Die Fördersumme von zwei Milliarden Euro dürfte "die größte Fördersumme sein, die jetzt ausgekehrt wurde". Das Vorhaben sei eines der größten industriepolitischen Projekte.
Möglicherweise bleibt dieser Superlativ auf Bundesebene aber nicht lange bestehen: Die Bundesregierung plant aktuell, den Bau einer Chipfabrik des US-Unternehmens Intel in Magdeburg mit knapp zehn Milliarden Euro zu unterstützen.
SPD sieht wichtiges Signal
Auch die SPD, größte Oppositionsfraktion im NRW-Landtag, begrüßte die EU-Entscheidung. Die parlamentarische Geschäftsführerin Sarah Philipp sieht folgendes Signal: "Aus dem Zusammenspiel von Wirtschaft und Staat können beispielhafte Transformationsprojekte entstehen." Die Investition bei Thyssen-Krupp sollte nun Vorbild für weitere Vorhaben in NRW werden, so Philipp weiter.
Die Begründung der EU
In einer Mitteilung begründet die EU-Kommission ihre Zustimmung: "Die Maßnahmen werden die Verwirklichung der Ziele der EU-Wasserstoffstrategie, des europäischen Grünen Deals und des Industrieplans für den Grünen Deal unterstützen und im Einklang mit dem REPowerEU-Plan dazu beitragen, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen aus Russland zu beenden und den ökologischen Wandel rasch voranzubringen."
Damit kann ein zentrales Industrieprojekt in NRW zur Dekarbonisierung umgesetzt werden: Ab 2026 will Thyssen-Krupp einen kompletten Hochofen ersetzen. Laut EU-Kommission seien über die geplante Lebensdauer der neuen Produktionsanlage C02-Einsparungen von mehr als 58 Millionen Tonnen möglich. Thyssen-Krupp verpflichtet sich übrigens, im Rahmen des Vorhabens gewonnenes Wissen aktiv an Industrie und Wissenschaft weiterzugeben.
Um diese Förderung geht es
Die staatlichen Hilfen sind den Angaben zufolge zweigeteilt. Zum einen sollen mit Zuschüssen von bis zu 550 Millionen Euro Bau und Montage einer Anlage für die Stahlproduktion unterstützt werden. Anfangs soll zwar noch Erdgas für den Betrieb verwendet werden, doch das Gas soll bis 2037 vollständig durch erneuerbaren Wasserstoff ersetzt und somit klimafreundlicher werden.
Mit den restlichen bis zu 1,45 Milliarden Euro der Beihilfen soll ein Mechanismus finanziert werden, der in den ersten zehn Jahren den Betrieb der neuen Anlage wirtschaftlich machen soll. Konkret geht es dabei um Mehrkosten, die bei der Beschaffung und Nutzung von klimaneutralem Wasserstoff anstelle von lediglich CO2-armem Wasserstoff anfallen.
Die "grüne" Stahlproduktion von Thyssen-Krupp
Deutschlands größter Stahlhersteller Thyssen-Krupp Steel will in Duisburg eine sogenannte Direktreduktionsanlage (DR-Anlage) zur Herstellung von "grünem" Stahl bauen. Sie soll mit klimaneutral erzeugtem Wasserstoff betrieben werden und so den Ausstoß von Treibhausgasen bei der Stahlerzeugung deutlich verringern. Nach Angaben von Thyssen-Krupp investiert das Unternehmen eine Milliarde Euro Eigenmittel in die Anlage.
Die Gesamtanlage, zu der auch zwei sogenannte Einschmelzer gehören, soll Ende 2026 in Betrieb gehen. Es wäre dann nach früheren Angaben die größte derartige Anlage in Deutschland. Der Bau hat noch nicht begonnen. Für Thyssen-Krupp in Duisburg arbeiten rund 13.000 Menschen.
In Deutschland wollen noch andere Stahlerzeuger solche Anlagen bauen. Die Firma Salzgitter hat bereits im April einen Förderbescheid über eine Milliarde Euro erhalten.
Über dieses Thema berichten wir auch auf WDR5 im WDR-Landesmagazin "Westblick" ab 17.04 Uhr.