Ein Mann steht vor dem Kölner Dom und raucht einen Joint

Cannabis legal - wer soll das alles kontrollieren?

Stand: 02.04.2024, 15:35 Uhr

Erwachsene dürfen seit dem 1. April Cannabis besitzen und konsumieren. Dabei gelten bestimmte Regeln. Doch diese werden in NRW bis jetzt kaum kontrolliert. Laut Behörden fehlte die Vorbereitungszeit.

Von Martin TeiglerMartin Teigeler

Die neuen Regeln fürs Kiffen werden in NRW bisher offenbar kaum kontrolliert. "Es gibt bislang keine Zuständigkeitsverordnung, so dass nicht klar ist, welche Behörde welche Aufgaben wahrzunehmen hat", sagte ein Sprecher der Stadt Bochum am Dienstag auf WDR-Anfrage. "Die Zuständigkeiten für die im Cannabisgesetz geregelten Kontroll- und Überwachungsaufgaben sind aktuell noch ungeklärt", teilte die Stadt Münster mit. Ähnlich äußern sich auch andere Kommunen.

Wer ist überhaupt zuständig? Die Polizei oder die kommunalen Ordnungsämter? Solche Fragen beschäftigen die Verantwortlichen in den Behörden. Die von der Ampel-Koalition durchgesetzte Teil-Legalisierung von Cannabis kam für die Bürokratie offenbar zu schnell. Kiffer dürfte es freuen.

Landesregierung rügt zu rasches Inkrafttreten

Ein Sprecher des NRW-Innenministeriums verweist darauf, dass zwischen Beschluss des neuen Gesetzes im Bundesrat am 22. März und Inkrafttreten zum 1. April "gerade einmal vier Werktage lagen". Eine "vernünftige Umsetzung" eines so weitreichenden Gesetzes sei in einem demokratischen und föderalen System nicht möglich. Nun werde geprüft, inwieweit und welcher "Zuständigkeits- und Umsetzungsregelungen es bedarf".

Cannabis-Legalisierung: "Wird gut funktionieren"

WDR 5 Mittagsecho 02.04.2024 13:29 Min. Verfügbar bis 02.04.2025 WDR 5


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Die Polizei NRW prüft laut Innenministerium "aktuell intern, welche Maßstäbe bei künftigen Kontrollen gelten". Zunächst würden Polizei und Ordnungsbehörden Verbote "konsequent nach dem Gefahrenabwehrrecht durchsetzen". Von besonderen Zwischenfällen wegen der neuen Gesetzeslage kann das Ministerium nichts berichten. Der NRW-Städtetag betonte, man werde sich mit der Polizei absprechen: "Besonders wichtig für uns in den Städten ist der Jugendschutz."

Polizeigewerkschaft vermisst Ausrüstung und Fortbildung

An ganz praktischen Dingen mangelt es. So darf jeder Erwachsene jetzt 25 Gramm Cannabis mit sich führen. "Wie will man das überprüfen? Da braucht man eine Feinwaage", sagt Michael Maatz, Vize-Landeschef der Gewerkschaft der Polizei. Diese entsprechende Ausrüstung müssten die Polizisten und Polizistinnen bekommen. Nötig sei auch mehr Fortbildung für Cannabis-Kontrollen.

Das sind die Regeln

Seit dem 1. April ist der Besitz, private Anbau und Konsum von Cannabis für Erwachsene in Deutschland erlaubt. Drei Pflanzen im Wohnbereich sind gestattet. Für den Konsum in der Öffentlichkeit gilt: Nicht in der Nähe von Kindern und Jugendlichen, Schulen, Kitas, Spiel- und Sportplätzen und tagsüber nicht in Fußgängerzonen.

Wenig spricht dafür, dass in jeder Kommune nun metergenau Verbotszonen etwa rund um Schulen überwacht werden. Denn Polizei und Ordnungsbehören haben schon genug zu tun. In der Praxis wird es wohl eher so laufen, dass nur belangt wird, wer zufällig erwischt wird. Ähnlich dürfte es bei den Kontrollen der ab 1. Juli zugelassenen nicht-kommerziellen "Anbauvereinigungen" für Cannabis sein - oder bei Autofahrern, die bekifft hinter dem Steuer sitzen.

Was die Justiz weiter prüfen muss

NRW-Justizminister Benjamin Limbach (Grüne) hatte sich erfolglos dafür eingesetzt, dass das Gesetz verschoben wird. Allein in NRW müssten "mehrere zehntausend Fälle" geprüft werden, in denen Menschen wegen Cannabisbesitzes verurteilt wurden. Denn dafür dürfen sie seit 1. April nicht mehr im Gefängnis sitzen. Viele von ihnen sitzen jedoch wegen mehrerer Delikte im Vollzug, darum müsse nun aufwendig der Anteil der Strafe für den Cannabisbesitz herausgerechnet werden.

Am Dienstag teilte das NRW-Justizministerium auf WDR-Anfrage hierzu mit: "Die Staatsanwaltschaften haben in den letzten Wochen in einem Kraftakt tausende Verfahren gesichtet. Dies war nur durch überobligatorischen Einsatz und unter Zurückstellung anderer Aufgaben der Strafverfolgung möglich." Wie viele Fälle schon bearbeitet wurden, blieb offen.

Schwarz-Grün uneins beim Kiffen

In der schwarz-grünen Landesregierung von Nordrhein-Westfalen gab und gibt es politisch sehr gegensätzliche Ansichten zum neuen Gesetz. Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann und Innenminister Herbert Reul (beide CDU) lehnen die Reform ab. Er habe keine Lust, dass sich seine Polizisten "mit so einem Scheiß" beschäftigen müssten, sagte Reul.

Die Grünen im Landtag hatten die Legalisierung hingegen nach ihrer Verabschiedung im Bundestag ausdrücklich begrüßt. NRW stimmte im Bundesrat dann auch nicht für die Anrufung des Vermittlungsausschusses - trotz der schweren Bedenken von mehreren Landesministern. Das Gesetz passierte die Länderkammer und trat am 1. April in Kraft.