Genau das diskutieren wir doch: „Wie viel Einschränkung muss sein, und wie viel Lockerung können wir uns erlauben?“ Das ist seit fast einem Jahr die entscheidende politische Frage. Die Antwort ist maximal kompliziert, und es gibt unterschiedliche Ansätze.
No-Covid nicht mit Laschet
Zum Beispiel gibt es Wissenschaftler, die eine Inzidenz unter 10 fordern. Erst dann soll das gesellschaftliche Leben wieder richtig starten – dafür aber im großen Maßstab und dauerhaft. Diese Wissenschaftler verunglimpft Armin Laschet jetzt als „Aktivisten“.
Man muss diesen Ansatz nicht gut finden. Aber dass ihn erstens renommierte Fachleute seit fast einem Jahr fordern, muss man zur Kenntnis nehmen. Und auch, dass dieser Ansatz zweitens woanders auf der Welt erfolgreich praktiziert wird, wenn auch unter anderen Bedingungen.
Markus Söder hat sich als Anhänger dieses „No-Covid“-Ansatzes bezeichnet. Armin Laschet ist es offenbar nicht – und das ist auch in Ordnung.
Fragwürdige Kommunikationsstrategie
Nicht in Ordnung sind aber die Worte, die Armin Laschet dabei wählt. Dass der NRW-Regierungschef anderen vorwirft, sie würden „alles verbieten“ und „die Bürger behandeln wie unmündige Kinder“ – das ist dann doch eine verbale Eskalationsstufe, die man sonst eher auf Querdenker-Demos hört.
Und ich möchte daran erinnern: Es ist Armin Laschet selbst, der als NRW-Ministerpräsident die aktuellen Anti-Corona-Maßnahmen mit beschlossen hat.
Wenn Laschet außerdem kritisiert, das andere Lager würde „immer neue Grenzwerte erfinden, um zu verhindern, dass Leben wieder stattfindet“ – dann ist das plumper Populismus. Dass wir alle seit vielen Monaten mit erheblichen Einschränkungen leben, liegt an dem gefährlichen Virus. Und nicht daran, dass irgendwelche dunklen Mächte etwas gegen offene Restaurants haben.
"Laschet der Lockerer"
Schon im Frühjahr und Sommer vergangenen Jahres hatte Armin Laschet immer wieder Lockerungen gefordert. Seit dem späten Herbst dann wurde seine Corona-Politik vorsichtiger, fast schon merkelig. Jetzt ist „Laschet der Lockerer“ zurück aus dem Winterschlaf.
Damit will der CDU-Bundesvorsitzende die Debatte beleben. Denn er will ja Kanzlerkandidat der Union werden. Und dafür will er sich von seinem Konkurrenten Markus Söder abgrenzen.
Das ist alles verständlich. Nur muss Armin Laschet dabei aufpassen, dass er rhetorisch nicht übers Ziel hinaus schießt. Wer eine Debatte ernsthaft führen will, der darf sie nicht vergiften.