Antisemitismus-Meldestelle in NRW nimmt Arbeit auf

Stand: 12.04.2022, 17:04 Uhr

Judenfeindliche Vorfälle sollen in NRW künftig besser dokumentiert werden - auch wenn sie nicht strafrechtlich relevant sind. Darum startet am Dienstag eine Meldestelle gegen Antisemitismus.

Von Martin TeiglerMartin Teigeler

Nordrhein-Westfalen hat jetzt eine landesweite Meldestelle für judenfeindliche Vorfälle. Damit wolle man das Dunkelfeld erhellen und so früh wie möglich Antisemitismus erkennen, sagte die NRW-Antisemitismusbeauftragte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) am Dienstag in Düsseldorf.

Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus NRW (RIAS NRW) mit Sitz in Düsseldorf nimmt ab sofort Meldungen über antisemitische Vorfälle auf und soll Betroffene unterstützen. Auch über die sozialen Netzwerke Facebook und Instagram ist sie erreichbar. Die unabhängige Meldestelle wird vom Land NRW mit 266.000 Euro gefördert und ist in Trägerschaft des Landesverbandes der Jüdischen Gemeinden Nordrhein.

Leutheusser-Schnarrenberger bei einer PK in Düsseldorf

NRW-Antisemitismusbeauftragte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger

Erfasst werden solle Antisemitismus in "Wort und Tat", sagte die FDP-Politikerin und frühere Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger. Es geht nach Angaben auf der Internetseite der Meldestelle unter anderem auch um Vorfälle, die nicht strafrechtlich relevant seien wie "verletzendes Verhalten".

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Nicht alle Betroffene melden Vorfälle

Abraham Lehrer, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland

Abraham Lehrer, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland

Man wolle durch die Meldestelle "realistische Zahlen" erhalten, sagte Abraham Lehrer, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland und Vorstand der Synagogen-Gemeinde Köln. Bislang sei es so, dass nicht alle Jüdinnen und Juden antisemitische Erfahrungen auch mitteilten. Es brauche "vertrauensbildende Maßnahmen", damit Vorfälle auch wirklich bekannt würden.

Eigene Statistik soll vorgelegt werden

Jörg Rensmmann, Leiter NRW RIAS

Jörg Rensmann leitet die Meldestelle

Meldestellen-Leiter Jörg Rensmann sagte bei der Vorstellung des Projekts, Antisemitismus sei eine "sehr konkrete und sehr reale" Bedrohung für die Demokratie und nehme in Deutschland wieder zu. Die Meldestelle wolle mit ihrer Arbeit auch für das Thema sensibilisieren und Beiträge zur Prävention leisten. So werde RIAS NRW künftig eigene Statistiken zu antisemitischen Vorfällen und Phänomenen erstellen und auswerten und die Ergebnisse der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen.

2021 starker Anstieg in NRW

In einigen anderen Bundesländern gibt es solche Meldestellen bereits - darunter Bayern, Thüringen und Niedersachsen. In NRW war die Zahl der antisemitischen Straftaten zuletzt stark gestiegen. Wurden im Jahr 2020 noch 276 Straftaten in diesem Bereich erfasst, waren es im Jahr 2021 insgesamt 437. Der Großteil (368) der antisemitischen Straftaten wurde demnach Rechtsextremisten zugeordnet.

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