Fachkräftemangel: So könnte MINT attraktiver werden

Stand: 15.03.2023, 14:31 Uhr

Wie können junge Menschen für MINT-Fächer, also Mathe, Informatik, Naturwissenschaft und Technik gewonnen werden? Sachverständige machten im Landtag konkrete Vorschläge.

Von Sabine TentaSabine Tenta

Es klingt wie ein erfrischendes Bonbon, ist aber tatsächlich zunehmend das Kürzel für den akuten Fachkräftemangel: MINT. Dahinter stecken die Bereiche, wo die meisten der fehlenden Fachkräfte ausgebildet werden.

Der Wissenschaftsausschuss des NRW-Landtags hat deshalb Sachverständige zu einer Anhörung eingeladen. Am Mittwoch machten sie Vorschläge, um MINT als Berufsfeld für junge Menschen attraktiver zu machen. Und zwar für die drei großen Bereiche Schule, Studium, Berufswelt.

Schulen müssen Grundlagen schaffen

Manfred Bayer, Rektor der TU Dortmund, mahnte an, dringend die Lehrpläne für die Schule zu überarbeiten. Weniger reine Lehre und mehr praxisbezogene Fragestellungen seien sinnvoll: "Warum ist der Himmel blau und am Abend wird er rot?"

Schülerlabore müssten gut erreichbar und so angelegt sein, dass Schülerinnen und Schüler dort auch Erfolgserlebnisse machen. Er schlug konkret vor, dort Creditpoints erwerben zu können, die ins Studium übertragbar sind. Das würde die Barriere des Übergangs zum Studium abbauen.

Auch Bernd Kriegesmann von der Landesrektor:innenkonferenz der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften e.V. betonte: "Unsere Studierenden müssen Dreisatz können, nicht Stochastik!" Typische "one touch Angebote" von einmaligen Sonderaktionen in der Schule müssten dringend verstetigt werden:

"Einmal laut Bumm machen, reicht nicht." Bernd Kriegesmann

An die Politik appellierte er: "Kümmern Sie sich darum, dass Physik-Lehrer auch physisch anwesend sind."

Für die Fälle, in denen es wegen des akuten Lehrkräftemangels nicht möglich ist, hatte Wolfgang Trefzger von der IHK NRW einen Vorschlag: Aus anderen Schulen könnten im Hybrid-Unterricht betreute Klassen zu einem Präsenzunterricht in Physik oder Chemie an anderen Schulen zugeschaltet werden.

Tanja Nackmayr von Unternehmer NRW regte an, in den Schulen früher mit der Berufsorientierung zu beginnen, nicht erst in Klasse 8. Zudem könnten für erbrachte Leistungen mehr Zertifikate verteilt werden, mit denen sich die Schülerinnen und Schüler später auch bewerben könnten.

Studierende bei der Stange halten

Die Präsidentin der TU Braunschweig, Angela Ittel, sagte, ein Orientierungsstudium sei ein gutes Instrument, um bei der Auswahl aus den verschiedenen Studiengängen des MINT-Bereichs zu helfen: Ein Jahr lang könnten Studierende in verschiedene Bereiche reinschnuppern, die dort erbrachten Leistungen würden bei einer finalen Studienfachwahl anerkannt. Wer nicht weiterstudieren will, würde in Ausbildungsberufe weiter vermittelt.

Silke Tölle-Pusch vom Verein "Arbeiterkind.de" regte an, dass Stipendien so ausgeschrieben werden, dass auch Jugendliche aus nicht-akademischen Haushalten sich bewerben können. So werde dort seltener ein Ehrenamt ausgeübt, entsprechend könnte dies bei Bewerbungen um Stipendien nicht angegeben werden.

Eine Tendenz, so berichteten es mehrere Sachverständige, sei, dass in den MINT-Fächern zunehmend in Englisch unterrichtet werde. Das müsse weiter ausgebaut werden. Es sei zum einen eine Vorbereitung auf die künftige, meist international ausgerichteten Arbeitswelt. Zum anderen steige damit die Attraktivität für ausländische Studierende, auf die man dringend angewiesen sei.

Bewährungsprobe Berufswelt gestalten

Die nächste Hürde nach dem Abschluss sei dann, die Absolventen und Absolventinnen aus dem Ausland hier in Deutschland zu halten. Darauf wies Angela Ittel von der TU Braunschweig hin. Es sei nicht leicht, nach einem Abschluss eine Aufenthaltsgenehmigung zu bekommen.

An die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber appellierte sie, keine perfekten Deutschkenntnisse bei Absolventen zu erwarten. Gerade weil auch heute schon das Studium in weiten Teilen auf Englisch sei. An den Hochschulen und Unis würden zwar Deutschkurse angeboten, aber bei der Integration müssten insbesondere die kleinen und mittelständischen Unternehmen mehr Anstrengungen unternehmen, so Ittel.

Über dieses Thema wird der WDR am 15.03.2023 auch in der WDR-5-Sendung Westblick ab 17:04 Uhr berichten.