Etwa 50.000 OPs coronabedingt verschoben - ist das vertretbar?

Stand: 13.07.2020, 18:15 Uhr

  • Ein Viertel aller Krebs-OPs wegen Corona verschoben
  • Ermessensfrage für Kliniken
  • Deutsche Krebsgesellschaft ordnet Vertretbarkeit ein

Patienten, die an Krebs erkrankt sind, aber keine medizinische Hilfe bekommen: Hierzulande ist das eigentlich kaum vorstellbar. Doch in den Hoch-Zeiten der Corona-Pandemie in der ersten Jahreshälfte ist genau das passiert. Weil Deutschlands Kliniken ihre Betten für Corona-Patienten freigehalten haben, mussten nicht zuletzt bei der Krebshandlung Zehntausende Operationen sowie Diagnose- und Früherkennungsmaßnahmen verschoben werden.

Etwa 50.000 OPs betroffen

Die Deutsche Krebshilfe geht von schätzungsweise rund 50.000 Krebs-OPs bis Mitte Juni aus, die nicht zum ursprünglich vorgesehenen Zeitpunkt erfolgt sind. Das ist mit 24 Prozent immerhin ein Viertel aller geplanten Eingriffe.

Ob das in jedem Fall auch medizinisch vertretbar war, gehört nun zu den Sorgen, die die Krebshilfe jetzt umtreibt. "Aber man muss auch sehen, dass 76 Prozent der geplanten Operationen stattfanden", sagte der Mediziner Dr. Johannes Bruns, hauptamtlicher Generalsekretär der Deutschen Krebsgesellschaft, am Montag (13.07.2020) dem WDR.

Kliniken haben nach eigenem Ermessen gehandelt

Da sei "nicht blind einfach nicht operiert worden", erklärte Bruns. Die Kliniken hätten zwischen "hochdringlichen" und "weniger dringlichen" Fällen unterschieden. Der Arzt führte ein Beispiel an: Hauttumore wüchsen oft langsam, da sei es mitunter vertretbar, den Eingriff coronabedingt zeitlich zu verschieben. Aber bei einem einem drohenden Darmverschluss durch Krebs etwa müsse schnell gehandelt und operiert werden. Bei solchen und anderen akuten Erkrankungen hätten Ärzte ihre Patienten aber auch behandelt.

Grundsätzlich schnelle Behandlung bei Tumorerkrankungen

Bruns schloss nicht aus, dass es wohl den ein oder anderen Fall geben könnte, wo eine OP-Verschiebung nicht vertretbar war. "Das wird man dann besprechen müssen", betonte er. Im Großen und ganzen hätten die Kliniken aber vernünftig entschieden.

Generell gebe es bei Tumorerkrankungen häufig ein Zeitfenster von zwei bis drei Monaten, in denen Eingriffe verschoben werden könnten. Was bei einem Herzinfarkt natürlich anders ist. Da ist von medizinischer Seite sofortiges Handeln angesagt.