In der Kita oder Schule trifft ein Kind mit vielen Altersgenossen zusammen. In der Freizeit könnten dagegen bald nur noch Treffen mit einem anderen Kind erlaubt sein. Eine solche Kontaktbeschränkung schwebt dem Bundeskanzleramt vor, um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen. Beschlossen ist noch nichts. Das könnte sich aber am kommenden Mittwoch ändern, wenn Bundeskanzlerin Merkel (CDU) die Ministerpräsidenten der Länder trifft. Und schon jetzt regt sich Unmut.
Dirk Gährken von der Initiative "Familien in der Krise" findet die vorgeschlagene Regel "völlig weltfremd". Dem WDR sagte er, man wisse nicht, ob der Freund, den das eigene Kind für ein Treffen im Blick hat, nicht jemand anderen im Auge habe.
Ausgeschlossen und abgewiesen
Kinder haben in der Regel viele Freunde. Und sich jetzt für einen entscheiden? Das kann fatal sein. Denn irgendjemand aus dem Kreis wird ausgeschlossen und fühlt sich abgewiesen. Was der Seele gar nicht gut tut. "Es ist sehr traurig, dass wir bis heute nicht den Blick der Kinder haben", erklärte Heinz Hilgers, der Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes, gegenüber dem WDR.
Auch das Deutsche Kinderhilfswerk kritisiert die möglicherweise kommenden Kontaktbeschränkungen. "Soziale Interaktion ist sehr wichtig, gerade für Jugendliche ist sie das zentrale Entwicklungsmoment", sagte der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerks, Holger Hofmann, den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe. Es sei "völlig unverhältnismäßig und kinderfeindlich", dies auf einen Kontakt zu beschränken.
Kritik äußert auch der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). "Da Kinder bis zehn Jahre das Virus erwiesenermaßen deutlich seltener weitergeben, selbst wenn sie sich anstecken, ist die geplante Begrenzung auf einen Spielkameraden für diese Altersgruppe überflüssig und schädlich", sagte BVKJ-Präsident Thomas Fischbach der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
Giffey setzt auch auf digitale Begegnungen
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) sieht das anders. "Wenn, dann ginge es ja nur um die Freizeit, und die Kinder hätten trotzdem weiterhin Kontakte in Kita und Schule - oft sind das die wichtigsten Freundinnen und Freunde", sagte sie dem Berliner "Tagesspiegel". Außerdem begegneten sich viele Grundschulkinder und Jugendliche digital - um miteinander zum Beispiel Hausaufgaben zu machen oder Spiele zu spielen.
Ist sie also doch machbar, die coronabedingte Regel, dass ein Kind nur ein einziges anderes Kind in der Freizeit trifft? Der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff (CDU) zeigte sich in der ZDF-Sendung "Markus Lanz" skeptisch: "Ich habe fünf Enkelkinder und weiß, dass das nicht funktioniert."