Ein Onkel des 1991 verstorbenen Ruhrbischofs Franz Hengsbach soll in den Jahren 1906 und 1907 als Kaplan in Sandebeck (heute ein Stadtteil von Steinheim im Kreis Höxter) übergriffig gegen Schulmädchen gewesen sein und wurde anschließend steckbrieflich gesucht, nachdem er nicht mehr auffindbar war. Er habe sich der staatsanwaltlichen Verfolgung 1908 durch Flucht in die USA entzogen.
Hans-Jürgen Rade macht Fall bekannt
Bekannt wurde dieser weitere mutmaßliche sexuelle Missbrauch, weil Hans-Jürgen Rade, Leiter des Kirchlichen Gerichts im Erzbistum Paderborn, darüber im im "Jahrbuch für mitteldeutsche Kirchen- und Ordensgeschichte" berichtet hat. Das Buch erschien im Januar dieses Jahres.
In besagter Passage geht es um Joseph Hengsbach, den die Staatsanwaltschaft Paderborn nach mutmaßlichen Übergriffen auf Schulmädchen und einer späteren Anzeige suchen ließ. Rade berichtet, dass der Kirchenvertreter offenbar mit Hilfe seiner Familie in die USA geflohen sei, wo er 1919 amerikanischer Staatsbürger wurde und als Pfarrer vor allem in South Dakota tätig war.
Unklar, ob Franz Hengsbach von Missbrauchsvorwürfen wusste
In den Vereinigten Staaten sei Joseph Hengsbach von seinem Bruder Konrad, der ebenfalls Priester war, mindestens ein Mal besucht worden. Ebenso wie von seinem Neffen, dem späteren Essener Bischof Franz Hengsbach. Es sei allerdings nicht klar, ob alle in der Familie die Vorgeschichte des Onkels kannten. Völlig unklar ist auch, wer und wie viele Mädchen betroffen waren von den Übergriffen des Onkels.
Auf jeden Fall habe die Familie die Flucht wirtschaftlich möglich gemacht. Der Erzbischof und Generalvikar in Paderborn haben laut historischem Bericht ebenfalls geschwiegen und den Täter zwar beurlaubt, ihm möglicherweise aber auch die Fortsetzung seiner Priesterlaufbahn in den USA ermöglicht.