Hurrikan "Milton" hinterlässt heftige Schäden | sv
00:40 Min.. Verfügbar bis 10.10.2026.
Hurrikan "Milton" über Florida: Warum er so gefährlich ist
Stand: 10.10.2024, 15:46 Uhr
In den USA ist Hurrikan "Milton" ist über den Bundesstaat Florida hinweggezogen und nun wieder über dem Meer. Den Prognosen zufolge wird er nördlich an den Bahamas vorbeiziehen.
Der Sturm hinterlässt in den USA Tote und Verletzte. Millionen Haushalte sind weiter ohne Strom und Tausende ohne Trinkwasser. Wir beantworten die wichtigsten Fragen:
Hurrikan "Milton" über Florida hinweggezogen
Durch einen Tornado in Verbindung mit "Milton" kamen laut Behörden im St. Lucie County an der Ostküste Floridas mindestens vier Menschen ums Leben, unter anderem auch in einer Wohnwagensiedlung für Senioren, wie der US-Sender CBS berichtet.
Überschwemmung in Florida nach Hurrikan "Milton".
In der Stadt Palm Beach an der Westküste retteten Einsatzkräfte mehrere Menschen aus eingestürzten Gebäuden oder Autos, die der Wind umgeworfen hatte. Verletzte seien ins Krankenhaus gebracht worden, teilte die Feuerwehr mit.
Mehr als 3,2 Millionen Haushalte in Florida waren zeitweise ohne Strom. Mindestens 70.000 Menschen suchten Schutz in Notunterkünften, sagte die Chefin der US-Katastrophenschutzbehörde, Deanne Criswell. Vor der Ankunft des Sturms hätten 31 Bezirke Evakuierungen angeordnet.
Hurrikan "Milton" in den USA: Gefahr noch nicht gebannt
Trümmer im Ort St. Petersburg in Florida
Obwohl das Auge des Sturms weiterzieht, warnen die Behörden vor allem im Osten und im Zentrum Floridas auch weiter vor Starkregen und heftigen Winden. In Teilen des Bundesstaates werden noch immer zwischen 50 und 100 Liter Niederschlag pro Quadratmeter erwartet. Das US-Hurrikanzentrum warnte auch vor Sturmfluten an der Westküste.
Menschen aus NRW von Hurrikan "Milton" in Florida betroffen
Kippendes Boot in Sarasota in Florida.
Student Tim Gennes aus Aachen lebt bei Orlando. "An Rausgehen ist gar nicht zu denken", erzählte er dem WDR. Auch er bereitete sich auf einen Stromausfall vor. Was jetzt zu tun ist? "Flaschen Wasser und Kerzen holen und alle Akkus aufladen, sodass man im Notfall immer Handykontakt hat."
Sarah und Fabian Berwald, zwei deutsche Auswanderer, die eigentlich in Cape Coral leben, erzählten, dass sie ihre Wohnung verlassen haben und mit einem Koffer abgereist sind. "Das fällt einem schon schwer". Wichtige Erinnerungsstücke haben sie zu Hause in wasserfeste Kisten gepackt.
Wirbelstürme sind in den USA keine Seltenheit - aber so drastisch wie vor Hurrikan "Milton" waren die Warnungen lange nicht mehr. WDR-Meteorologe Jürgen Vogt erklärt, warum "Milton" so gefährlich ist, wie er entsteht und ob auch bei uns in NRW Hurrikans möglich sind.
Hurrikan "Milton" fotografiert von der ISS aus
Wie entsteht ein Hurrikan?
Fast jeden Herbst treffen Hurrikans den Südosten der USA. Sie entstehen über dem Meer, wenn das Wasser mindestens 26 Grad warm ist und stark verdunstet. Die feuchtwarme Luft steigt auf und kondensiert in der Höhe. Dabei entsteht Wärme, die Energie für den Sturm liefert.
Es bilden sich Wolken, die durch die sogenannte Corioliskraft zu drehen beginnen - so wie in einem Waschbecken. Im Zentrum des Sturms entsteht ein Unterdruck, dadurch wird ständig feuchtwarme Meeresluft nachgesaugt, die spiralförmig nach oben steigt und kondensiert.
Die Stärke wird nach der von den Meteorologen Herbert Saffir und Robert Simpson entwickelten Skala eingeteilt. Demnach ist bei einer maximalen Windgeschwindigkeit unter 63 Kilometern pro Stunde von einem Tropentief die Rede. Bei Tempo 63 bis 118 gilt es als Tropensturm.
Darüber wird Hurrikanstärke erreicht. Ein Hurrikan der Kategorie 1 reicht bis Tempo 153. Stufe 2 gilt bis 177, Stufe 3 bis 208 und Stufe 4 bis 251 Kilometer pro Stunde. Hurrikans der höchsten Kategorie 5 haben eine Windgeschwindigkeit von mehr als 252 Kilometern pro Stunde.
Warum ist "Milton" so gefährlich?
Meteorologe Jürgen Vogt
Die zerstörerische Kraft eines tropischen Wirbelsturms ergebe sich aus drei Zutaten, sagt WDR-Meteorologe Jürgen Vogt: "Wind, Regen und Sturmfluten." Windgeschwindigkeiten von weit mehr als 200 Kilometren pro Stunde, Regenmengen von teils an die 200 Liter pro Quadratmeter in 24 Stunden und eine örtlich an die 4 Meter hohe Flutwelle an der Küste traten auf. "Jede für sich hätte bereits dramatische Folgen, alle drei zusammen entfalten eine wirklich zerstörerische Kraft."
Nachdem in dem Tropensturm Anfang der Woche auf dem offenen Meer noch Windgeschwindigkeiten von bis zu 350 km/h gemessen wurden, erreichte Milton die Küste mit Windgeschwindigkeiten von an die 240 km/h - das entspricht der Hurricane-Kategorie 4.
Über dem Land hatte sich der Hurrikan leicht abgeschwächt und wurde zwischenzeitlich heruntergestuft auf Kategorie 3 (bis 209 km/h), dann auf Kategorie 1 (bis 153 km/h). "Eine Entspannung stellt das allerdings nicht dar", sagt Jürgen Vogt. Denn: Kategorie 1 entspreche immer noch zum Beispiel dem Orkantief Kyrill, der als einer der schwersten in Deutschland gelte.
Das große Problem: Hurrikans erzeugen zwar enorme Windgeschwindigkeiten, bewegen sich aber oft nur langsam vorwärts und dadurch wird ein großer Teil der Zerstörungen verursacht. "Das Sturmzentrum bewegt sich nur mit 15 bis 20 Kilometern in der Stunde weiter, wodurch man über Stunden Orkanwindgeschwindigkeiten ertragen muss. In Tampa an der Westküste dauerte der Orkan mit Windböen von mehr als 120 Stundenkilometern mehr als 8 Stunden."
Was hat "Milton" mit unserem Wetter zu tun?
In Teilen Nordrhein-Westfalens regnete und stürmte es zwar in den letzten Tagen. "Das hat aber nichts damit zu tun, was wir tatsächlich im Augenblick im Golf von Mexiko erleben", sagt Jürgen Vogt.
Viele tropische Wirbelstürme, die es vor allem an der Ostküste der Vereinigten Staaten gibt, zögen zwar über den Atlantik - der Luftströmung folgend - Richtung Europa. Die seien dann aber keine Hurrikans mehr, sondern verwandelten sich in "normale" Tiefdruckgebiete, sagt Vogt. So wie jetzt "Kirk": Der ehemalige Hurrikan hat Europa erreicht und sorgt für Sturm und stürmische Böen.
Sind Hurrikans bei uns überhaupt möglich?
Nein, in Deutschland nicht. "Ein tropischer Wirbelsturm kann bei uns nicht so einfach entstehen, weil das Meerwasser einfach zu kalt ist", sagt Jürgen Vogt.
Unsere Quellen:
- Gespräch mit Tim Gennes im ARD-Morgenmagazin
- Gespräch mit Sarah und Fabian Berwald bei WDR 2
- WDR-Meteorologe Jürgen Vogt
- WDR-Redaktion Quarks
- Nachrichtenagentur dpa
- ARD alpha
Über dieses Thema berichten wir im WDR am 10.10.2024 auch im Fernsehen: WDR aktuell, 12.45 Uhr.