Die Corona-Pandemie hat gezeigt: Einige Jobs können problemlos im Homeoffice erledigt werden. Viele Arbeitnehmer haben sich an mobiles Arbeiten gewöhnt und wollen darauf auch in Zukunft nicht verzichten. Doch Unternehmen dringen jetzt wieder stärker auf Präsenz.
Nur leichter Rückgang beim Homeoffice
Bisher gibt es nur einen leichten Rückgang bei der Zahl der Menschen, die im Homeoffice arbeiten. Im April haben 24 Prozent der Beschäftigten zumindest teilweise von zu Hause aus gearbeitet. Im Februar waren es nur geringfügig mehr: 24,7 Prozent. Die Zahlen gehen auf eine Umfrage des Münchner Ifo-Instituts für Wirtschaftsforschung aus dem April zurück. Vor der Pandemie hatte nur jeder zehnte Beschäftigte zumindest teilweise von zu Hause gearbeitet.
Unternehmen fordern mehr Präsenz
Inzwischen würden viele Unternehmen ihre Beschäftigten gerne wieder öfter im Büro sehen. Wie viel Anwesenheit die Unternehmen einfordern, ist unterschiedlich. Bei der Allianz hat über 90 Prozent der Belegschaft während der Pandemie aus dem Homeoffice gearbeitet. Nach der Pandemie hat der Versicherungskonzern mit den Mitarbeitern eine Betriebsvereinbarung auf den Weg gebracht, die mobiles Arbeiten neu regelt. Die rund 19.000 Mitarbeiter müssen seit dem 1. Mai vier Tage im Monat vor Ort arbeiten. Bei Beiersdorf, Henkel oder der Deutschen Börse sind es dagegen drei Tage die Woche. Die Deutsche Post oder Zalando fordern zwei Tage pro Woche ein.
Grundsätzlich liegen die Kompromisse zwischen Unternehmen und Beschäftigten meist im Bereich zwischen zwei und drei Tagen Präsenz pro Woche.
Gründe für mehr Präsenz
Die Firmen begründen ihre Forderung nach mehr Präsenz mit Schwierigkeiten, eine gemeinsame Unternehmenskultur aufzubauen, wenn Mitarbeiter selten vor Ort sind. Auch fehle der informelle Austausch - zum Beispiel nach Besprechungen. Darunter leide die Kreativität.
Eine aktuelle Studie untermauert diese Befürchtung. Wirtschaftswissenschaftler aus Oxford kommen zum Ergebnis, dass Forscher seltener große Durchbrüche erzielen, wenn sie nicht an einem Ort zusammenarbeiten. Auch Chefs der großen US-Tech-Unternehmen argumentieren auf diese Weise, wie Tim Cook von Apple. Er ist der Überzeugung, Mitarbeiter müssten physisch zusammen sein, weil Innovation nicht planbar sei.
Fehlendes Miteinander zwischen Führung und Beschäftigen
Der Essener Spezialchemie-Konzern Evonik hat in der Pandemie die Erfahrung gemacht, dass es nicht immer leicht ist, aus der Ferne Mitarbeiter zu führen. Es seien auch nicht alle für das Arbeiten von zu Hause aus geeignet. Hier spielt Vertrauen eine wichtige Rolle.
Fehlende Präsenz kann sich aber auch auf die Karrieremöglichkeiten auswirken. Das psychologische Phänomen Proximity Bias beschreibt, wie Führungskräfte Mitarbeitende vor Ort unter Umständen als engagierter und produktiver wahrnehmen - und diese dann auch bevorzugt befördern.
Vor allem junge Beschäftigte fordern mobiles Arbeiten
Laut einer Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung wollen drei Viertel der Menschen, die während Corona zumindest teilweise von zu Hause aus gearbeitet haben, nicht mehr darauf verzichten. Besonders junge Menschen fordern mehr Flexibilität bei der Arbeit, wie der Randstad Workmonitor zeigt, eine Befragung unter Arbeitnehmern weltweit.
Auch die Möglichkeit, aus dem Ausland zu arbeiten, ist für junge Menschen wichtiger geworden. Darauf reagieren erste Unternehmen. Allianz ermöglicht seinen Beschäftigten bis zu 25 Tage pro Jahr aus dem Ausland zu arbeiten. Adidas räumt dafür zehn Arbeitstage ein.