Adrian V., 28, aus Münster muss für 14 Jahre ins Gefängnis. Der Beschuldigte aus Staufenberg bei Gießen bekam zwölf Jahre, der 43-Jährige aus dem brandenburgischen Schorfheide elfeinhalb Jahre und der dritte Mann auf der Anklagebank, ein 36-Jähriger aus Hannover, zehn Jahre Haft, alle mit anschließender Sicherungsverwahrung.
Auch die Mutter des Hauptbeschuldigten, Carina V., 46, ist vom Landgericht Münster zu einer Haftstrafe verurteilt worden. Sie bekam fünf Jahre wegen Beihilfe zu schwerem sexuellen Missbrauch von Kindern.
"Unfassbar, wie Sie sich hier verhalten"
Es war nur schwer auszumachen, was in den Köpfen der Verurteilten vor sich ging. Während der vorsitzende Richter die Urteilsbegründung verlas, saß Adrian V. da und grinste zwischenzeitlich, als ginge es um eine Lappalie. "Unfassbar, wie Sie sich hier verhalten", meinte einer der Richter mit hörbarer Entrüstung in der Stimme.
Das Gericht sieht es als erwiesen an, dass Adrian V. den Sohn seiner Lebensgefährtin immer wieder schwer sexuell missbraucht, vergewaltigt und den drei Mitangeklagten zum Missbrauch zugeführt hat. Der inzwischen elf Jahre alte Junge gilt als Hauptopfer.
Grundlage für das Urteil gegen Adrian V. sind 29 Fälle in den Jahren 2018 bis 2020. "Das übersteigt alles, was dieser Kammer bislang vorgelegt wurde", sagte der Richter. Die Taten seien gewohnheitsmäßig und mitleidlos erfolgt, wie aus Beweisvideos hervorgegangen sei.
Kinder über Tage brutal vergewaltigt
So soll Adrian V. beispielsweise im April 2020 gemeinsam mit den drei anderen Beschuldigten über Tage hinweg zwei Kinder in einer Gartenlaube in Münster schwer sexuell missbraucht haben. Opfer waren der Ziehsohn von Adrian V. und der damals fünfjährige Sohn des Beschuldigten aus Staufenberg.
Die Männer sollen die Kinder zuerst mit Betäubungsmitteln gefügig gemacht, dann brutal vergewaltigt und gequält haben. Das alles hat Adrian V. mit einer Videokamera aufgezeichnet. Unklar blieb, ob er dieses Material auf illegalen Pädophilen-Plattformen im Internet verbreitet hat oder nicht.
Mutter von Adrian V. als Komplizin
Das Gericht ist sich sicher, dass die Mutter des Hauptbeschuldigten, die 46-jährige Carina V. von all dem wusste. Sie habe den Männern nicht nur ihre Gartenlaube in Münster zur Verfügung gestellt. Sie habe auch gewusst, was dort vor sich ging, dass sich die Männer auf übelste Art und Weise an den Kindern vergingen. Sie habe sie sogar in ihrem Tun bestärkt. Das belegen nach Angaben des vorsitzenden Richters Aufzeichnungen von Gesprächen zwischen der Frau und den vier Männern.
Keine andere Wahl als Sicherungsverwahrung
Die vier Männer werden nach Verbüßung der langjährigen Haftstrafen in Sicherungsverwahrung kommen. "Wir hatten keine andere Wahl", sagte der Richter zur Begründung. Denn von den Männern gehe auch in Zukunft eine erhebliche Gefahr für die Allgemeinheit aus.
Die Sicherungsverwahrung ist anders als die Haft keine Strafe für ein Verbrechen, trotzdem bleiben die Täter eingesperrt, wenn auch mit etwas mehr Rechten. Die Sicherungsverwahrung dient also dazu, die Gesellschaft vor Tätern zu schützen, die ihre Strafe zwar verbüßt haben, aber weiterhin als gefährlich gelten.
Erste Revision bereits angekündigt
Der Verteidiger des 31-Jährigen aus Staufenberg kündigte als erster Revision gegen das Urteil an. Zur Frage wie er als Verteidiger die 50 Prozesstage erlebt und überstanden habe sagte der Anwalt aus Münster: "Was wir hier in diesem Verfahren an Bildmaterial und insbesondere bewegten Bildern gesehen haben, geht tatsächlich an die Grenze des Erträglichen."
Bereits mehr als 50 Tatverdächtige ermittelt
Münster ist neben Lügde und Bergisch Gladbach einer von drei großen Missbrauchsfällen der vergangenen Jahre in Nordrhein-Westfalen. Der Fall kam im Juni 2020 nach Ermittlungen in einer Gartenlaube in Münster ans Licht. Im Zuge dessen hatte es in mehreren Bundesländern sowie in Österreich, Portugal und Frankreich Festnahmen gegeben.
In dem Komplex wurden bereits vor dem jetzigen Urteil fünf Männer zu Freiheitsstrafen verurteilt. Insgesamt wurden durch die Ermittler mehr als 50 Tatverdächtige identifiziert, von denen derzeit etwa 30 in Untersuchungshaft sitzen. Die Ermittlungen dauern an.