Wirken die Appelle zum Sparen? Gasverbrauch sinkt spürbar

Stand: 01.07.2022, 14:32 Uhr

Neuste Zahlen zeigen, dass die Menschen den Aufrufen zum Gassparen offenbar folgen. Oder sind es schlicht die hohen Preise? Der "Duschrechner" zeigt: Schon kürzeres Duschen wirkt.

Von Christian WolfChristian Wolf

Es fällt nicht leicht, sich bei den derzeitigen hochsommerlichen Temperaturen einen drohenden Gasmangel vorzustellen. Doch seitdem Russland die Liefermengen nach Deutschland drastisch gekürzt hat, ist die Sorge so groß wie nie, dass bald gar kein russisches Erdgas mehr nach Deutschland gepumpt wird.

Auf der einen Seite wird daher versucht, die großen Gasspeicher im Land so schnell wie möglich zu füllen sowie nach anderen Lieferquellen zu suchen, um vorbereitet zu sein. Auf der anderen Seite werden die Appelle zum sparsamen Umgang mit Gas immer lauter. Jeder in der Industrie und privat könne einen Beitrag leisten, sagt etwa Klaus Müller, Chef der Bundesnetzagentur, die bei der Gasversorgung eine wichtige Rolle spielt. "Und ja, dazu gehört auch der Pulli, der Duschkopf, die Heizung ein bisschen runterstellen. All das hilft."

Gasverbrauch deutlich zurückgegangen

Und tatsächlich: Die Appelle und Maßnahmen zeigen offenbar Wirkung: Bundesweit lag der Gasverbrauch zwischen Januar und Mai bei rund 460 Milliarden Kilowattstunden, wie der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) am Donnerstag mitteilte. Das waren 14,3 Prozent weniger als im Vorjahr. Selbst wenn man den Effekt von höheren Temperaturen - und dadurch weniger Heizbedarf - herausrechnet, bleibt ein Minus von 6,5 Prozent. Und auch für den Juni zeichnet sich ein geringerer Gasverbrauch ab.

Doch was sind die Gründe dafür? Der BDEW bezeichnet das wärmere Wetter in diesem Frühjahr als "maßgeblichen Grund". Doch auch die steigenden Preise, die wirtschaftliche Eintrübung und die Appelle zum Energiesparen werden genannt. Welchen Anteil die Industrie und welchen die privaten Haushalte an dem niedrigeren Gasverbrauch haben, schlüsselt der Verband nicht genauer auf.

Gaspreise sind stark gestiegen

Geht es um das bewusste Sparen in Haushalten, dürfte der Preis sicherlich eine Rolle spielen. Denn schon seit dem Herbst sind die Gaspreise deutlich gestiegen. Aufschläge von 30, 50, 80 Prozent oder noch mehr sind keine Seltenheit.

Doch das ist erst der Anfang: Die weitere Verknappung durch Russland hat im Großhandel den Gaspreis zuletzt noch einmal in die Höhe schießen lassen. Je nachdem, wie viel Gas die Versorgungsunternehmen nun an der Börse hinzukaufen müssen, werden die Verbraucherpreise weiter steigen - allerdings mit Verzögerung. Netzagentur-Chef Müller rät Bürgern mit Gasheizungen deshalb, Geld zurückzulegen.

Das bringt kürzeres Duschen und kälteres Wasser

Und was ist mit den Alltagstipps zum Sparen? Oftmals werden diese belächelt, nach dem Motto: Was bringt das schon?! Doch dass selbst kleine Dinge einen Effekt haben können, zeigt der "Duschrechner" der Verbraucherzentralen. Dort lässt sich schnell herausfinden, wie viel für das eigene Duschen bezahlt werden muss - und was etwas kälteres Wasser oder kürzeres Duschen bringen.

Dusche

Wer zum Beispiel in Minden in einem Singlehaushalt wohnt, jeden Tag duschen geht und das Wasser mit einem gasbetriebenen Brennwertkessel erhitzt, zahlt über das Jahr gesehen 260,52 Euro für Wasser und Energie. Wird die Wassertemperatur von 38 auf 37 Grad gesenkt und die Duschdauer um zwei Minuten auf nur noch sechs Minuten reduziert, sinken die Kosten auf 195,39 Euro - eine Einsparung von 65 Euro.

Und der Effekt dürfte in der Praxis sogar noch höher liegen. Denn für die Berechnung haben die Verbraucherzentralen die durchschnittlichen Energiepreise von Ende 2021 genommen. Die Preissteigerungen der vergangenen Monate sind da also noch gar nicht eingearbeitet.

Korrekturhinweis: In einer früheren Version war die Rede von einem geringeren Gasverbrauch im Juni von fast 50 Prozent. Der bisher bekannte Wert umfasst bislang aber nur einen Teil des Monats. Die Bundesnetzagentur hat am Freitag die Angaben auf ihrer Internetseite präzisiert.

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