Trotz Generalstreiks: Französisches Parlament beschließt Rentenreform

Stand: 09.03.2023, 09:52 Uhr

Ungeachtet aller Proteste hat der französische Senat den entscheidenden Artikel für die von der Regierung geplante Anhebung des Rentenalters von 62 auf 64 Jahre beschlossen.

Dafür stimmten am frühen Donnerstagmorgen in Paris 201 Senatoren, dagegen votierten 115. Die Debatte über die gesamte Rentenreform soll im Laufe des Tages fortgesetzt werden. Die geplante Rentenreform sieht eine Anhebung des Rentenalters von 62 auf 64 Jahre vor.

Gegen sie gibt es enormen Widerstand, bei landesweiten Protesten gingen in den vergangenen Wochen teilweise mehr als eine Million Menschen auf die Straße. Zugleich kam es zu landesweiten Streiks. Diese führten unter anderem zu Engpässen an Tankstellen. Es kam zudem zu vielen Ausfällen im Zug- und Flugverkehr, gestreikt wurde wurde auch bei der Müllabfuhr und an Schulen.

Streiks und Proteste werden fortgesetzt

Am Dienstag hatten mehr als 250 Demonstrationen in Paris, Marseille, Nizza und vielen anderen Städten stattgefunden. Die Behörden gingen von 1,1 bis 1,4 Millionen Demonstranten aus, es gab auch Straßenblockaden. Auch für Donnerstag wurden wieder Streiks und Proteste angekündigt.

Auch Zugverkehr in NRW betroffen

Die Behinderungen im Bahn- und Flugverkehr sind auch in NRW weiter spürbar. Viele ICE- und TGV-Züge im grenzüberschreitenden Verkehr fallen aus - voraussichtlich auch am Freitag. Die Bahn informiert auf ihrer Internetseite über die Ausfälle:

Die Bahn teilte mit, das Reisende, die eine zwischen dem 7. und 10. März nach Frankeich geplante Reise verschieben möchten, ihre Fahrkarte für die Hochgeschwindigkeitszüge bis zum 15. März kostenfrei umbuchen können.

Umstrittene Rentenpläne

Frankreichs Mitte-Regierung will das Alter für den regulären Beginn der Rente schrittweise von 62 auf 64 Jahre anheben. Außerdem soll die Zahl der nötigen Einzahlungsjahre für eine volle Rente schneller steigen. Die Reform gilt als eines der zentralen Vorhaben von Präsident Emmanuel Macron. Derzeit liegt das Renteneintrittsalter in Frankreich bei 62 Jahren.

Tatsächlich beginnt der Ruhestand im Schnitt aber später: Wer nicht lang genug eingezahlt hat, um Anspruch auf eine volle Rente zu haben, arbeitet länger. Mit 67 gibt es dann unabhängig von der Einzahldauer Rente ohne Abschlag - dies will die Regierung beibehalten. Die monatliche Mindestrente will sie auf etwa 1.200 Euro anheben.

Arbeit wird als Zumutung empfunden

Die Streiks in Frankreich ziehen sich bereits seit Monaten hin. Die Zustimmung in der Bevölkerung ist relativ hoch, berichtet WDR-Korrespondentin Sabine Rau. "Französische Soziologen sagen, Franzosen haben ein nicht sehr entspanntes Verhältnis zur Arbeit, Arbeit wird als Zumutung empfunden", so Rau. "Die Erhöhung des Renteneintrittsalters wird von den meisten Menschen abgelehnt."

Die Protestwelle im ganzen Land richtet sich nicht ausschließlich gegen die Rentenreform. Sie ist auch ein Ausdruck allgemeiner Politikverdrossenheit und der Sorgen in der Bevölkerung wegen der gestiegenen Preise. 

Borne appelliert an Bevölkerung

Elisabeth Borne, die Premierministerin, hatte es am Montagabend noch einmal mit einem Appell versucht. Klar müssten nach der Reform alle etwas länger arbeiten, aber dafür werde in einer alternden Gesellschaft auch das System der Umverteilung erhalten und das sei doch schließlich das Symbol für die Solidarität im Land.