Bundesweit einziges Pilotprojekt "E-Rezept“ in Westfalen-Lippe gestoppt

Stand: 04.11.2022, 18:33 Uhr

Das E-Rezept - das elektronische Rezept - soll Abläufe einfacher und schneller machen. Jetzt wird der Testlauf vorerst gestoppt. Grund dafür sind Bedenken beim Datenschutz.

Nächster Rückschlag für das E-Rezept: Die Kassenärztliche Vereinigung Westfalen-Lippe setzt die Einführung der elektronischen Verschreibung aus. Hierzu sehe man sich wegen der Haltung des Bundesdatenschutzbeauftragten gezwungen, teilte die Ärztevereinigung am Donnerstag mit.

Datenschutzbeauftragter befürchtet Datenmissbrauch

Der Datenschutzbeauftragte Ulrich Kelber (SPD) hatte im September sein Veto gegen die geplante Nutzung der Krankenversicherungskarten eingelegt. Am Freitag präzisierte Kelber sein Veto: "Ich habe die spezifische Lösung bemängelt und eine funktionsgleiche alternative Umsetzung empfohlen."

Prof. Ulrich Kelber

Ulrich Kelber, Bundesdatenschutzbeauftragter

Kelber befürchtet, dass es in der geplanten Form Datenmissbrauch in Apotheken geben könnte. Er sieht eine Sicherheitsschwachstelle, die "Angreifern den unberechtigten Zugang zum E-Rezept-Fachdienst mit den dort gespeicherten E-Rezepten ermöglichen" könnte.

Dieses Element beinhaltet Daten von Twitter. Sie können die Einbettung auf unserer Datenschutzseite deaktivieren.

Demnach könnten in Apotheken alle Rezepte eines Patienten eingesehen werden, auch wenn dieser nur ein bestimmtes einlöst.

Einziges Pilotprojekt in Deutschland

Seit dem 1. September läuft das bundesweit einzige Pilotprojekt "eRezept“ in Westfalen-Lippe, 250 Arztpraxen machen dabei mit. Statt ein Rezept auf Papier bekommt der Patient dieses als QR-Code direkt aufs Smartphone.

Der Arzt gibt die Daten wie gehabt ein und speichert sie auf einem Server. Statt das Rezept auszudrucken und zu unterschreiben, wird es über die elektronische Gesundheitskarte und eine dazugehörige App an den Patienten übermittelt. Das spart den Medizinern viel Zeit.

Symbolbild: Eine Person zeigt in einer Apotheke sein Handy

Fällt die Nutzung der elektronischen Gesundheitskarte für das E-Rezept nun weg, entfällt für die Kassenärztlichen Vereinigung Westfalen-Lippe (KVWL) auch die Grundlage für die weitere Erprobung. Der nächste Schritt der Testphase über Ende November hinaus ist nämlich an eine Bedingung geknüpft: die komplett digitale Abwicklung des Prozesses, bei der sich Patienten über die eGK authentifizieren und identifizieren können.

Für Hendrik Oen, Hausarzt und Sprecher der KVWL, ist das Veto des Datenschützers ein massiver Rückschritt. Die Idee vom papierlosen Rezept sei schließlich gut, sagte er dem WDR.

Sein bitteres Fazit: "Wir hatten gehofft, dass wir mit der angedachten Lösung jetzt eine volldigitale Lösung zeitnah kriegen werden. Die werden wir jetzt aber vor Mitte, Ende nächsten Jahres nicht kriegen können, weil der Datenschützer diese Lösung jetzt torpediert hat.“

KVWL-Vorstand spricht von Bankrotterklärung

"Die Entscheidung des Datenschützers ist eine Bankrotterklärung für die Digitalisierung im Gesundheitswesen generell und speziell in der ambulanten Versorgung", sagte zudem KVWL-Vorstand Thomas Müller. Das Ziel, dass 25 Prozent aller Verschreibungen von gesetzlich Versicherten elektronisch erfolgen, könne nicht erreicht werden.

Durch die Entscheidung des Datenschutzbeauftragten sei der angestrebte Fortschritt für Patienten, Ärzte und alle weiteren Beteiligten in Frage gestellt. "Wir fordern erneut eine rein digitale Lösung - nur dann kann eine Fortsetzung des Rollouts durch die KVWL erfolgen", so Müller.

Ursprünglich war für die Testphase in Westfalen-Lippe eine Dauer von drei Monaten geplant. Danach sollte es das E-Rezept komplett digital geben.

Weitere Themen