Wasserbrückensicherheit in NRW
02:52 Min.. Verfügbar bis 27.03.2026.
Was die Brücken in NRW von der eingestürzten Baltimore-Brücke unterscheidet
Stand: 27.03.2024, 13:29 Uhr
Nach dem Einsturz einer Brücke in der US-Stadt Baltimore rücken die maroden Brücken in Deutschland in den Fokus. Ein vergleichbarer Unfall gilt in Nordrhein-Westfalen als sehr unwahrscheinlich.
Wie ein Kartenhaus fällt die Brücke in Baltimore zusammen, als ein schweres Containerschiff auf einen Brückenpfeiler auffährt. Bauingeneur Ian Firth, ehemaliger Vorsitzender der Internationale Vereinigung für Brücken- und Hochbau, wundert das nicht: Wenn ein so schweres Schiff auf etwas Festes treffe, übe es eine Last von mehreren tausend Tonnen aus - die Stützen der Brücke in Baltimore seien schwache Konstruktionen, ein Gerüst mit nur einzelnen Beinen. Nimmt man eines der Beine weg, wird sie instabil.
Luftaufnahme der eingestürzten Francis-Scott-Key-Brücke
Laut US-amerikanischen Medien sei die Brücke zuletzt 2019 von der zuständigen Behörde geprüft worden, ihr Zustand sei "fair", also akzeptabel gewesen. Modernere Brücken würden mittlerweile anders gebaut, um den möglichen Schaden durch Schiffsunfälle zu verringern. Das umfasst zum Beispiel hydraulische Barrieren und zusätzlichen Beton, um die Brückenpfeiler stabiler zu machen, sagt der Brückenexperte David Knight, Sonderberater der britischen Institution of Civil Engineers, dem Magazin Wired.
Brückenpfeiler in NRW für Schiffsaufprall gewappnet
In Nordrhein-Westfalen gilt ein vergleichbarer Fall als sehr unwahrscheinlich, sagen Experten. Brückenpfeiler in Wasserstraßen werden in Deutschland nach "Schiffsmaß bemessen", sagt Thomas Rosenstein von der am Verkehrsministerium angegliederten Bundesbehörde Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt, die sich um die Sicherheit der Wasserwege kümmert. Das heißt, Brücken müssen so gebaut werden, dass sie einem Aufprall mit einem der dort verkehrenden Schiffe standhalten.
Daher seien die Pfeiler deutlich massiver gebaut als bei der Brücke in Baltimore. Außerdem sind sie oft spitzförmig gebaut, so Rosenstein. Dadurch sollen Schiffe abgelenkt werden, wenn sie Richtung Pfeiler fahren - damit die Last auf Pfeiler und Tragwerk nicht so stark werden, dass die Brücke einstürzen könnte.
Situation bei Brücken in NRW deutlich anders
Die Rheinkniebrücke, eine Schrägseilbrücke aus dem Jahr 1969, verbindet Friedrichstadt und Unterbilk (rechtsrheinisch) mit dem linksrheinischen Oberkassel
Außerdem sind Brücken in Deutschland meist so konstruiert, dass Schiffe ohnehin nur schwer mit Pfeilern zusammenstoßen könnten, sagt der Brückenbau-Experte Josef Hegger vom Lehrstuhl und Institut für Massivbau der RWTH Aachen gegenüber der Deutschen Presse-Agentur. Bei den Rheinbrücken zum Beispiel seien die großen Pfeiler häufig am Rand des Flusses angeordnet. Dadurch sei die Flussöffnung komplett frei. Zusätzlich gebe es oft Leitplanken, die einen Aufprall verhindern sollen.
Ein vergleichbarer Unfall sei trotzdem nicht komplett ausgeschlossen, sagen die Experten - aber sehr unwahrscheinlich. Das sieht auch Salvatore Barberi so, selbst Kapitän und Schadensgutachter bei Schiffsunglücken: "Wir haben nicht diese Spannweiten wie in Baltimore, wir haben andere Bodenbeschaffenheiten, die andere Konstruktionen beinhalten. Unfälle sind möglich, aber ein Einsturz bei solchen Unfällen ist doch sehr zweifelhaft."
Die Brücke in Baltimore war über 2,5 Kilometer lang. Zum Vergleich: Die längste Rheinbrücke in NRW ist die Düsseldorfer Rheinkniebrücke mit einer Länge von 1,5 Kilometern. Auch die Schiffe, die auf den Wasserwegen innerhalb Deutschlands unterwegs sind, seien deutlich kleiner als das schwere Containerschiff in Baltimore, so Barberi. Bauingeneur Ian Firth glaubt, dass es nahezu unmöglich sei, Brücken so zu designen, dass sie so einem schweren Einschlag widerstehen. Aufgabe müsse es daher sein, sie zu verhindern.
Quellen:
- ARD Morgenmagazin
- Deutsche Presse-Agentur
- Wired
- Institution of Structural Engineers
Über dieses Thema berichtete am 27.03.2024 auch "WDR Aktuell - Der Tag um 12" im WDR Hörfunk.