Bahnstreik: Wie geht es weiter?

Aktuelle Stunde 16.11.2023 UT Verfügbar bis 16.11.2025 WDR Von Marius-Antonius Brüning

Bahn-Streik: So geht es jetzt weiter

Stand: 18.11.2023, 07:19 Uhr

Der Streik der Gewerkschaft GdL hat den Bahnverkehr einen Tag lang fast völlig lahmgelegt. Nun ruft die GDL ihre Mitglieder zur Urabstimmung über längere und häufigere Streiks auf. 

Der Warnstreik der Gewerkschaft GDL ist zu Ende. Viele Lokführer, Zugbegleiter, Werkstattbeschäftigte und Fahrdienstleiter in den Stellwerken hatten ihre Arbeit am Donnerstag einen Tag lang niedergelegt. Bundesweit und auch in NRW sollen nach Angaben der Bahn nur etwa 20 bis 30 Prozent der Züge im Einsatz gewesen sein.

GDL ruft Mitglieder zur Urabstimmung auf

Claus Weselsky (2023)

Claus Weselsky

Für die Lokführergewerkschaft GDL ist das Thema Streik aber nicht durch. Nur einen Tag nach dem Ende des Bahnstreiks rief sie ihre Mitglieder bei der Deutschen Bahn, Transdev, City-Bahn Chemnitz und acht Personaldienstleistern zur Urabstimmung über längere und häufigere Streiks auf. Das hat die Gewerkschaft Freitagabend in einem Schreiben bekanntgegeben, das dem rbb vorliegt. Kurz vorher habe die Bahn weitere Tarifverhandlungen verweigert, begründet die GDL diesen Schritt. "Wir erwarten, dass unsere Mitglieder der Hinhaltetaktik der Arbeitgeber eine eindeutige Antwort erteilen", so der GDL-Bundesvorsitzende Claus Weselsky.

Bahn sagt Verhandlungen mit GDL ab

Am Mittwoch kündigte die Bahn an, zunächst nicht mehr mit der GDL zu verhandeln und sagte die eigentlich für Donnerstag und Freitag vereinbarten Gespräche ab. Grund sei der angekündigte Streik, sagte Bahn-Personalvorstand Martin Seiler am Mittwoch. "Entweder man streikt oder man verhandelt. Beides zugleich geht nicht."

"Wer Verabredungen bricht und Millionen Reisende mit einem kurzfristigen Streik in Haftung nimmt, kann nicht erwarten, dass wir einfach weiter am Verhandlungstisch sitzen", so Seiler. Es sei einmalig in der Sozialpartnerschaft, dass die GDL inmitten von Verhandlungen streiken wolle. "Diese Eskalation hat einzig und allein die GDL zu vertreten."

GDL-Chef Weselsky hat am Donnerstag im WDR 5 Morgenecho die Kritik von Seiler zurückgewiesen: Man steige nicht in Verhandlungen ein, wenn eine Seite über einen der fünf Punkte überhaupt nicht verhandeln will. Er kündigte an, am Verhandlungsort zu erscheinen, auch wenn die Bahn die Gespräche abgesagt hat.

Chef der GDL im Interview zum Streik

06:43 Min. Verfügbar bis 16.11.2025


GDL braucht 75 Prozent Zustimmung ihrer Mitglieder

Die GDL benötigt mindestens 75 Prozent Zustimmung ihrer Mitglieder zu längeren und häufigeren Arbeitskampfmaßnahmen. Wann die Urabstimmung starten und enden soll, werde noch bekannt gegeben, heißt es in der Erklärung weiter.

GDL fordert mehr Geld und kürzere Arbeitszeiten

Wenige Züge fahren noch

Pendler brauchen wegen des GDL-Streiks starke Nerven

Die Lokführergewerkschaft fordert in den Tarifverhandlungen unter anderem 555 Euro mehr pro Monat für die Beschäftigten sowie eine Inflationsausgleichsprämie von bis zu 3.000 Euro. Besonders wichtig ist Gewerkschaftschef Claus Weselsky außerdem eine Arbeitszeitreduzierung von 38 auf 35 Stunden für Schichtarbeiter bei vollem Lohnausgleich.

Die Bahn legte ein Angebot mit elf Prozent mehr Lohn sowie einer Inflationsprämie von bis zu 2.850 Euro bei einer Laufzeit von 32 Monaten vor. Die von der GDL geforderte Arbeitszeitverkürzung lehnt die Bahn als nicht umsetzbar ab und will darüber auch nicht in Verhandlungen mit der Gewerkschaft treten.

Warnstreik auch rund um Weihnachten möglich

Offen ist, ob weitere vereinbarte Verhandlungstermine in den kommenden Wochen von den Tarifparteien eingehalten werden. Weselsky hat am Donnerstag zumindest weitere Warnstreiks - auch rund um Weihnachten - nicht ausgeschlossen.

Einen von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) vorgeschlagenen "Weihnachtsfrieden" lehne er ab. Bislang habe die GDL nie an Weihnachten gestreikt, "aber ich lasse mich da nicht auf einen Tag festlegen", stellte Weselsky klar.

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Unterschiedliche Auswirkungen des Streiks

Die meisten Bahnreisenden hatten sich offenbar auf den Warnstreik eingestellt. Wie unsere Reporter berichten, war auf vielen Bahnhöfen verhältnismäßig wenig los.

GDL streikt: Hauptbahnhof Essen spürt die Auswirkungen

Warten auf den RE 1 nach Hamm am Essener HbF

In Köln fuhren vereinzelt Züge, in Essen immerhin noch der RE 1 nach Hamm. Auch am Düsseldorfer und Dortmunder Hauptbahnhof bildeten sich Menschentrauben vor den Anzeigetafeln und Schlangen vor den Schaltern. Wer von Düsseldorf nach Aachen pendeln musste, hatte Glück: Der RE 4 fuhr - wenn auch mit Verspätung.

Bahnstreik: Leerer Bahnsteig am Moerser Bahnhof am 16.11

Leerer Bahnsteig am Moerser Bahnhof

Geduld war vor allem am frühen Morgen auch in Münster am Hauptbahnhof gefragt. "Zug fällt aus" stand auch hier hinter vielen Zügen auf der Anzeigetafel. Im Laufe des Vormittags entspannte sich die Lage etwas. Und in Moers blieb der Bahnsteig am frühen Morgen sogar ganz leer.

Neben DB Regio und DB Fernverkehr sind in NRW aber auch etliche Privatbahnen unterwegs, deren Mitarbeiter nicht gestreikt haben. Doch auch die Privatbahnen waren teils durch den Streik betroffen, etwa durch Streik am Stellwerk. Nach Bahn-Angaben waren am Donnerstagmorgen die Stellwerke in Bonn-Beuel sowie Hohenlimburg (Hagen) und Dormagen vorübergehend nicht besetzt, sodass Züge zeitweise umgeleitet werden mussten.

Straßenverkehr ruhiger als sonst

Durch den Streik bei der Bahn wurde es auch nicht voller auf den Straßen: Laut WDR-Verkehrsstudio gab es am Donnerstagvormittag sogar weniger Staus als sonst an einem üblichen Morgen im November. Durch die Berichterstattung vorab seien viele Menschen im Homeoffice geblieben oder hätten ihre Reisen auf andere Tage verlegt.

Im Berufsverkehr kam es am Vormittag auf dem Höhepunkt zu einer Staulänge von 293 Kilometern, vor allem an den üblichen Pendlerstrecken. Im Feierabendverkehr um 17:30 Uhr waren es dann noch 248 Kilometer Stau. Tage mit mehr als 350 Staukilometern sind zu dieser Jahreszeit aber auch keine Seltenheit.

Unsere Quellen:

  • WDR-Reporter vor Ort
  • Pressemitteilung der GDL
  • Material der Nachrichtenagenturen dpa und AFP