"Cell Broadcast": So funktioniert das neue Warnsystem

Stand: 10.11.2022, 16:50 Uhr

Jeder, der ein Handy besitzt, soll in Zukunft im Katastrophenfall per "Cell Broadcast" gewarnt werden. WDR-Digitalexperte Jörg Schieb erklärt, wie genau das funktioniert.

Von Jörg Schieb

Wenn Sie ein Handy besitzen, dann sollten Sie in den kommenden Tagen eine Nachricht mit Infos über das neue Katastrophenwarnsystem "Cell Broadcast" bekommen. Getestet werden soll das neue Warnsystem erst am 8. Dezember - dann ist nämlich der nächste offizielle Warntag.

"Cell Broadcast" bietet Warnungen vor Unwetter, Feuer, Flut und anderen Katastrophen. Rettungsleitstellen können damit ihre Warnmeldungen unkompliziert und zeitnah an alle Mobilfunkgeräte in betroffenen Regionen verschicken. Anders als bisher muss keine App wie Katwarn oder NINA installiert sein, um die Warnungen zu bekommen. Es ist auch keine Registrierung erforderlich. Ein eingeschaltetes Gerät im Mobilfunknetz reicht aus.

Für "Cell Broadcast" ist keine App nötig – auch kein Smartphone

Aufnahme eines Handybildschirmes

Um per "Cell Broadcast" (wörtlich: "Aussendung in einer Zelle") ausgesandten Nachrichten zu empfangen, ist keine App nötig. Das Mobilfunkgerät muss lediglich eingeschaltet und im Mobilfunknetz eingebucht sein. Es erscheint eine ausreichend lange Nachricht im Display – in der jeweiligen Landessprache des Empfängers. Es handelt sich dabei nicht(!) um eine SMS – die werden immer individuell verschickt –, sondern um eine ganze eigene Methode des Nachrichtenversands, die von allen Handys und Smartphones verstanden wird.

Auf diese Weise lassen sich Millionen von Menschen erreichen, ohne die Mobilfunknetze zu überlasten. In welcher Region die Benachrichtigung erfolgt, entscheidet eine Leitstelle. Die Mobilfunk-Provider sorgen dann dafür, in den ausgewählten Regionen die Nachricht zu versenden.

Die Voraussetzungen

Die einzige Voraussetzung, um eine per "Cell Broadcast" versandte Nachricht auch empfangen zu können und angezeigt zu bekommen, ist: Das Gerät muss entsprechend eingerichtet sein. Bedauerlicherweise haben ältere Versionen von iOS und Android "Cell Broadcast" nicht aktiv unterstützt. Doch das wurde bereits vor Monaten korrigiert.

Aufnahme eines Handybildschirmes

Wer schon länger kein Update seines mobilen Betriebssystems durchgeführt hat, sollte das ggf. nachholen – und mögliche Hinweise über ein "Update der Netzbetreiber-Einstellungen" bestätigen. Mehr ist nicht notwendig, um "Cell Broadcast" mit dem Smartphone zu verbinden.

Wer sich um Datenschutz sorgt: "Cell Broadcast" kann komplett anonym betrieben werden. Es fallen keine Daten an. Die Betreiber wissen weder, wer die Nachricht empfangen hat, noch wann oder wo. Die Informationen werden wie ein Radioprogramm "ausgestrahlt" (deshalb: "Broadcast").

Was passiert am bundesweiten Warntag am 8. Dezember?

Neben den klassichen Sirenen soll am bundesweiten Warntag zum ersten Mal das Warnsystem "Cell Broadcast" zum Einsatz kommen. Im Ausland leistet "Cell Broadcast" schon seit Jahren zuverlässig gute Dienste.

Am 8. Dezember werden die Behörden in unterschiedlichen Regionen testweise Warnungen aktivieren. Es ist gut möglich, dass auch Ihr Handy oder Smartphone reagiert und eine Warnung anzeigt. Das ist gut!

Sollte eine Warnung ausbleiben, kann das unterschiedliche Ursachen haben.

  • Im Gerät ist der Empfang von Notfallbenachrichtigungen nicht aktiviert. Dazu weiter unten mehr. Außerdem ist wichtig: Es reicht nicht, im WLAN eingebucht zu sein – das Gerät muss zwingend (auch) im Mobilfunknetz eingebucht sein.
  • Sollte das Gerät zum Zeitpunkt der Aktivierung des Warnsignals ausgeschaltet gewesen sein: Kein Problem. "Cell Broadcast" sendet eine Warnung im Abstand von zwei Minuten mehrmals aus.
  • Das Betriebssystem des Geräts ist noch nicht bereit. In diesem Fall: Unbedingt die neueste Version (Update) einspielen.
  • Es kann natürlich sein, dass die Funkzellen Ihres Mobilfunkanbieters in Ihrer Region noch nicht für "Cell Broadcast" freigeschaltet wurde. Leider lässt sich das nicht zentral überprüfen, im Zweifel beim Provider nachfragen.
  • Im seltenen Fällen unterstützt die SIM-Karte die Technik nicht. In diesem Fall: Beim Mobilfunk-Provider nachfragen und die Karte ggf. ersetzen.
  • Ihr Gerät ist nur mit WLAN verbunden, aber mit keinem Mobilfunknetz. Nutzen Sie zum Beispiel ein Tablet, das nur eine WLAN- bzw. WiFi-Funktion hat, kann es sich gar nicht in eine Mobilfunkzelle einbuchen. Sie können darauf also keine "Cell-Broadcast"-Nachrichten empfangen.

Warnmeldungen empfangen oder unterdrücken

Laut Apple empfangen iPhones "Cell-Broadcast"-Meldungen automatisch. Um das zu überprüfen oder zu ändern, unter "Einstellungen" die Funktion "Mitteilungen" aufrufen. Dort dann unter "Offizielle Warnmeldungen" die unterschiedlichen Warnstufen aktivieren oder deaktivieren.

Unter Android ist es nicht so einheitlich. Hier die App "Nachrichten" öffnen, mit der auch SMS verschickt werden. Rechts auf die drei Punkte oder Linien tippen und "Einstellungen" auswählen.

Bei einigen Geräten gibt es hier den Eintrag "Notfallbenachrichtigungsverlauf". Falls nicht, auf "erweitert" tippen und "weitere Einstellungen" auswählen. Spätestens hier sollte es einen Eintrag zu Notfallbenachrichtigungen geben, der über den aktuellen Zustand informiert – und eine Kontrolle zulässt.

Warum kommt "Cell Broadcast" erst jetzt?

Grund für die Einführung von "Cell Broadcast" in Deutschland waren die heftigen Unwetter bei uns in NRW und Rheinland-Pfalz. Die Flutkatastrophe hat gezeigt, dass Warnapps wie NINA und die klassischen Sirenen nicht ausgereicht haben, um die Bevölkerung flächendeckend  zu warnen. 

Über den Autor

Jörg Schieb, WDR-Digitalexperte.

WDR-Digitalexperte Jörg Schieb

Jörg Schieb, Jahrgang 1964, ist WDR-Digitalexperte und Autor von 130 Fachbüchern und Ratgebern. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit der Digitalisierung und deren Auswirkungen auf unseren Alltag.

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