Cannabis-Legalisierung: Lauterbach legt Entwurf vor

Stand: 26.10.2022, 15:07 Uhr

Kiffen wird entkriminalisiert, der kontrollierte Verkauf erlaubt, der Staat steigert seine Steuereinnahmen: Das sind die Pläne der Bundesregierung zur Cannabis-Legalisierung, die schon 2024 kommen könnte.

Die Pläne von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zur Legalisierung von Cannabis werden konkreter. In einem in der Regierung abgestimmten Eckpunktepapier, das dem WDR vorliegt, werden die Grundzüge des Vorhabens genannt.

20 bis 30 Gramm zum Eigenkonsum erlaubt

So sollen Cannabis und der Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) künftig rechtlich nicht mehr als Betäubungsmittel eingestuft werden. Maximal 20 bis 30 Gramm "Genusscannabis" zum Eigenkonsum soll man künftig kaufen und besitzen dürfen.

Auch Eigenanbau soll legal sein

Verkauft werden sollen die Produkte in "lizenzierten Fachgeschäften", die erst ab 18 Jahren betreten werden dürfen - ähnlich wie die "Coffeeshops" in den Niederlanden. Einen Versandhandel soll es zunächst nicht geben.

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Es sollen Produkte zum Rauchen und Inhalieren und zur Aufnahme in Form von Kapseln, Sprays oder Tropfen zum Verkauf zugelassen werden. Sogenannte Edibles, also etwa Kekse oder Süßigkeiten mit Cannabis, zunächst nicht.

Auch der private Anbau soll in begrenztem Umfang erlaubt werden. Jede volljährige Person soll maximal "drei weibliche blühende Pflanzen" besitzen dürfen.

Verkauf in Apotheken? Apotheker-Verband ist dagegen

Eventuell soll es auch Angebote in Apotheken geben. Allerdings hat sich die Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker aufgrund der Gesundheitsgefahren eindeutig gegen die Legalisierung ausgesprochen. Zudem wird eine "Wettbewerbssituation mit rein kommerziellen Anbietern" kritisch gesehen, sagte der Verbandschef Thomas Preis der "Rheinischen Post".

Staat erhofft sich Einnahmen durch "Cannabissteuer"

Nicht nur für die Kiffenden, auch für den Staat soll sich die Legalisierung lohnen. Neben der Umsatzsteuer auf Verkäufe ist eine Art Cannabissteuer geplant, die sich nach dem THC-Gehalt richtet. Am Ende muss man in den Läden mit einem Preis rechnen, der "dem Schwarzmarktpreis nahekommt", so der Plan.

Wie wird die Jugend geschützt?

Wissenschaftler sehen die Gefahr von Gehirnschäden für Heranwachsende durch Cannabiskonsum. Laut dem Papier soll deshalb geprüft werden, ob eine THC-Obergrenze für Käuferinnen und Käufer unter 21 Jahren beschlossen werden soll.

Werbung für Cannabisprodukte soll es nicht geben. Die Menge, die pro Kunde verkauft werden darf, wird begrenzt. Zudem sollen Aufklärung, Prävention, Beratung und Behandlungsangebote ausgebaut werden.

Die EU hat auch noch ein Wort mitzureden

Lauterbach will Daten erheben und analysieren lassen zu den gesellschaftlichen Auswirkungen der Cannabis-Freigabe. Nach vier Jahren sollen die Regelungen bewertet und gegebenenfalls angepasst werden, vor allem mit Blick auf den Gesundheits- und Jugendschutz sowie die Straßenverkehrssicherheit.

Das Eckpunktepapier ist nur ein erster Schritt zu einer möglichen Legalisierung. Ein konkreter Gesetzentwurf soll erst kommen, wenn sich abzeichnet, dass es von der EU gegen die geplante Cannabis-Freigabe keine rechtlichen Einwände gibt - was keinesfalls sicher ist.

Legalisierung schon 2024 möglich?

Karl Lauterbach (SPD)

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD)

Lauterbach erläuterte bei einer Pressekonferenz in Berlin das weitere Vorgehen. Das Eckpunktepapier soll noch heute der EU-Kommission zugehen mit der Bitte um eine schnelle Vorabprüfung. Sollte diese keine Bedenken haben, könnte es bereits Anfang 2023 einen ersten Gesetzesentwurf geben, so Lauterbach. "Wenn alles gut läuft, könnte 2024 die Legalität erreicht werden", sagte der Gesundheitsminister.

Niederländisches Modell kein Vorbild für Deutschland

Die aktuelle Drogenpolitik sei gescheitert, so Lauterbach. Die geplante Entkriminalisierung solle helfen, den Gesundheits- und Jugendschutz zu verbessern. Aktuell gebe es viele Probleme mit einem florierenden Schwarzmarkt, verunreinigten Produkten und einem gestiegenen Konsum. Durch die Legalisierung will Lauterbach "den Schwarzmarkt erfolgreich verdrängen".

Bei der Vorbereitung des Eckpunktepapiers habe man sich eng mit den Niederlanden ausgetauscht, wo schon seit Jahrzehnten eine liberale Drogenpolitik verfolgt wird. Lauterbach bewertet das dortige Modell allerdings als "nicht erfolgreich", da der Markt dort kaum reguliert würde. "So wollen wir es nicht machen", sagte er.

Opposition befürchtet "Drogentourismus"

Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) kritisierte die Pläne am Mittwoch in der "Augsburger Allgemeinen". Cannabis-Konsum berge teils irreversible gesundheitliche und soziale Risiken. "Jede Form der Verharmlosung ist völlig verantwortungslos", betonte er. Zudem befürchte er einen "Drogentourismus" nach Deutschland aus anderen Ländern.

Polizeigewerkschaft: Vorhaben ist "Unsinn"

Für die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sind bei dem Eckpunktepapier noch zu viele Fragen offen. Der GdP-Vorsitzende Jochen Kopelke befürchtet intensivere Kontrollarbeit und Einzelfallprüfungen für die Polizei aufgrund der Festlegung einer Obergrenze für den Besitz. "Das heißt, wir sind künftig alle mit der Feinwaage unterwegs", sagte er.

Sein Kollege Frank Buckenhofer bezeichnete die Pläne in einem Kommentar für die "Wirtschaftswoche" als "Unsinn". Buckenhofer, der bei der GdP für den Zoll zuständig ist, befürchtet, dass das legal produzierte und gehandelte Cannabis deutlich teurer werde als das illegale. So könnten sich nur gut situierte Konsumenten das "seriöse Cannabis" leisten. "Die anderen, also Jugendliche und solche, die eher sparsam leben müssen, werden weiterhin den bekannten, lukrativen und überall verfügbaren Schwarzmarkt nutzen", vermutet er.

Drogenbeauftragter begrüßt die Pläne

Der Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert, begrüßte die Pläne. "Wir sind mit dem heutigen Tag der kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene einen wichtigen Schritt näher gekommen", sagte er der "Rheinischen Post". "Darüber freue ich mich sehr, schließlich habe ich Jahre darauf hingearbeitet." Er betonte, dass die Pläne ein absolutes Werbeverbot, den Ausbau von Aufklärungs- und Präventionsarbeit und eine weiterhin verbotene Abgabe an Minderjährige vorsähen.

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