"Ich bin oft hier im Sauerland am Biggesee", erzählt Carsten Picker von der DLRG Westfalen. "Und sobald die Badesaison losgeht, stehen die Leute auf der Brücke." Über die Biggetalsperre führt unter anderem die Dumicketalbrücke - und die erfährt bei warmen Wetter schnell eine fragwürdige Beliebtheit.
Auf YouTube kann man sehen, wie Menschen von dort oben ins Wasser springen. Ganz offensichtlich mit viel Spaß bei der Sache. Doch Picker muss trotzdem abraten: "Erstmal ist das eine Eisenbahnbrücke, da fährt mir schon mal der Zug über den Kopf. Und dann weiß ich nicht, was im Wasser unter mir ist."
Niedrige Pegelstände, gefährliches Treibgut
Tatsächlich warnt die DLRG jedes Jahr wieder davor, von Brücken, Wehren oder Ähnlichem in Kanäle, Seen und Flüsse zu springen. Auch, wenn viele heil unten ankommen: In öffentlichen Gewässern können immer versteckte Gefahren lauern. Holzteile, Einkaufswagen, Glasflaschen - auch die Strömung kann in der Nähe von Brückenpfeilern unberechenbar sein.
"Gerade hier an der Bigge wechseln auch ständig die Wasserstände", sagt Picker. "An einem Tag hab ich vielleicht eine Tiefe von fünf Metern, eine Woche später ist das Wasser abgelassen, um die Ruhr zu versorgen, dann sind es plötzlich nur noch zwei Meter." Und es sei ja nicht nur die Biggetalsperre: "Wo es die Möglichkeit gibt, ins Wasser zu springen, wird es auch gemacht."
Unglücksfälle passieren
Erst im vergangenen Jahr starb etwa ein 32-Jähriger, der in Bremen von einer Brücke in die Weser gesprungen war. Auch in Wiesbaden in Hessen gab es einen solchen Fall: Ein 25-Jähriger sprang von der Mauer in eine Schleuse der Lahn, weil er offensichtlich die Wassertiefe falsch eingeschätzt hatte.
Kaum zu kontrollieren
Und auch in NRW gibt es traurige Beispiele: Wie das eines 35-jährigen Duisburgers, der im vergangenen Sommer von einer Eisenbahnbrücke in den Rhein sprang und später tot geborgen wurde. Insgesamt 355 Menschen ertranken 2022 in Deutschland in Flüssen und Seen. Wie viele davon vorher aus großer Höhe hineingesprungen sind, wird in der Statistik nicht erfasst.
Sommer am Rhein-Herne-Kanal
Besonders im Ruhrgebiet gebe es viele Brückenspringer, sagt Frank Zantis vom DLRG-Verband Nordrhein. "Beliebt sind die Kanäle im Duisburger Raum, auch der Baldeneysee in Essen". Teilweise patrouillieren die Lebensretterinnen und -retter auch mit Booten, um zum vorsichtigen Baden aufzurufen.
Ob es mehr Brückenspringer gibt als früher, lässt sich mit Zahlen nicht belegen. Gefährlich war es immer schon - und wurde trotzdem gemacht. Auch in Zukunft werden es trotz allem Menschen tun, zu kontrollieren und verhindern sei es kaum. So bleibt Carsten Picker nur, zu warnen: "Kanäle sind Schifffahrtsstraßen. Es würde ja auch keiner auf der Autobahn Fußball spielen."