Prozess von Bauer aus Peru gegen RWE: Urteil fällt am 14. April
00:43 Min.. Verfügbar bis 19.03.2027.
Prozess von Bauer aus Peru gegen RWE: Urteil fällt am 14. April
Stand: 19.03.2025, 18:24 Uhr
Vor dem OLG Hamm ist der Prozess eines Bauern aus Peru gegen RWE weitergegangen. Die Beweisaufnahme ist abgeschlossen.
Von Olaf Biernat
Saúl Luciano Lliyua ist immer noch entschlossen, gegen RWE zu siegen, auch wenn das Gericht heute zu Beginn schon verkündet hat, dass es am Mittwoch keine Entscheidung geben wird. Der peruanische Bauer und Bergführer war heute zum zweiten Teil der mündlichen Verhandlung zum OLG Hamm gekommen. Er weiß, dass das ein harter Weg wird. Der Grund: Ein Gutachten von zwei Sachverständigen.
Gutachter stellen
Die hatten schon am vergangenen Montag beim Beginn der mündlichen Verhandlung fast sechs Stunden lang und heute noch einmal vier Stunden lang bis ins kleinste Detail ihre Einschätzung über die Situation am Palcacocha-See in Peru vorgestellt.

Klimaklage: Saúl Luciano Lliuya gegen RWE
Unterhalb dieses Sees befindet sich das Haus des Klägers auf rund 4.500 Metern Höhe. Er befürchtet, dass durch das Schmelzen der Gletscher in den darüber liegenden Anden der See überlaufen könnte.
Schuld daran sei der Klimawandel, für den er den Energiekonzern RWE mit verantwortlich macht. Einer Studie zufolge ist RWE für 0,38 Prozent aller weltweiten Treibhausgas-Emissionen verantwortlich. Und so hat der Bergführer berechnet, dass RWE anteilig rund 20.000 Euro für Schutzmaßnahmen am Gletschersee bezahlen soll.
Wenn - ja, wenn das denn so stimmt mit dem Risiko, dass das Haus des schon seit zehn Jahren vor Gericht kämpfenden Peruaners wirklich überflutet werden könnte. Dafür waren die Gutachter nach Peru gereist und hatten dort Messungen vorgenommen, Bodenproben entnommen und Drohnenaufnahmen gemacht.
Gutachten für Kläger ernüchternd
Das Ergebnis war für den Bauern und seine Anwälte ernüchternd. Die Sachverständigen sehen das Flutrisiko bei nur knapp drei Prozent in dreißig Jahren. Sie machen das vor allem fest an den Gesteinsproben und sprechen von einem sehr massiven Berg, von dem nicht so schnell Erdrutsche ausgehen könnten. Außerdem sehen sie die Gefahr nicht so groß für Abgänge von Eisgletschern und wenn, dann würden die nicht so massiv sein, dass das Haus des Klägers durch eine Flutwelle regelrecht überspült würde.
Die Anwältin des Klägers, Roda Verheyen, erklärte nach dem ersten Tag der Mündlichen Verhandlung: "Wir sind mit dem Gutachten nicht einverstanden. Wenn das wirklich so beschlossen wird, dann sehe ich schwarz für den Katastrophenschutz in Peru."
Beweisaufnahme abgeschlossen

Nach dem Etappensieg vor dem OLG Hamm 2017
Heute war dann die Stunde der Anwälte gekommen. Vor allem die Verteidiger des Klägers aus Peru hatten sich viel vorgenommen. Sie hatten einen eigenen Experten mitgebracht, der die Einschätzung der vom Gericht bestellten Gutachter in Zweifel gezogen hat. Dabei ging es unter anderem um das Risiko für Felsstürze und Gletscherabgänge.
Die Anwältin von Saúl Luciano Lliuya sieht das Risiko für eine Überspülung des Hauses ihres Mandanten eher bei 30 Prozent in 30 Jahrent: "Wir haben jetzt alle Elemente belegt, die notwendig sind, um im Verfahren weiterzukommen: es gibt eine Gefahr für da Haus und diese realisiert sich auch in einer absehbaren Zeit", sagte Roda Verheyen nach der Verhandlung.
Auch die Anwälte von RWE stellten dem Gutachter noch einige Fragen und machten Anmerkugen. Dann war die Beweisaufnahme abgesschlossen. Die Richter legten den 14. April als Verkündigugnstermin fest - das lang ersehnte Urteil soll dann fallen.
RWE mit Gutachten einverstanden
"Wir warten nun die Entscheidung des Gerichts ab. Aus Sicht von RWE hat die Verhandlung klar gemacht, dass die Klage nicht begründet ist. Der gerichtliche Sachverständige hat nach unserer Auffassung schlüssig dargelegt, dass in absehbarer Zeit keine Flutgefahr besteht, die das Eigentum von Herrn Lliuya bedroht", hieß es in einer Stellungnahme von RWE.
Prozess hat bereits Rechtsgeschichte geschrieben
Im November 2017 hatte der Peruaner bereits einen Etappensieg errungen. Völlig überraschend hatte das OLG Hamm damals die Möglichkeit in Betracht gezogen, dass ein deutsches Unternehmen für die Folgen des Klimawandels in anderen Gegenden der Erde haften muss. Bislang hatten Gerichte von vornherein ausgeschlossen, dass von Vielen verursachte Emissionen einzelnen Verursachern zugeordnet werden können.

Klimaaktivisten protestieren vor dem OLG Hamm
Während des Prozesses laufen vor dem OLG Hamm auch wieder zahlreiche Proteste von Klima-Aktivisten. Sie hatten bereits am Montag Stimmung gemacht und auf die Folgen des Klimawandels aufmerksam gemacht.
Prozess zieht sich fast zehn Jahre
Vor Beginn der mündlichen Verhandlung am Montag erklärte der Kläger Saúl Luciano Lliuya froh zu sein, dass es fast zehn Jahre nach dem ersten Prozesstag endlich weitergehe: "Ich habe lange auf den Termin gewartet, um endlich Klarheit zu bekommen."
"Um mich herum schmelzen die Gletscher und ich mache mir Sorgen um die Zukunft meiner Familie und meiner Stadt." Saúl Luciano Lliuya
In seiner Stadt ist er bereits ein kleiner Volksheld, die ganze Region blickt auch heute wieder mit Spannung nach Hamm.
Unterstützt wird der Bergbauer von der Umweltorganisation Germanwatch. Die Prozesskosten übernimmt die Stiftung Zukunftsfähigkeit. Geklagt hatte der Landwirt zunächst vor dem Landgericht Essen, das hatte einen zivilrechtlichen Anspruch in der ersten Instanz noch abgelehnt.
Unsere Quellen:
- Germanwatch
- OLG Hamm
- RWE
- Rechtsanwälte
- Reporter vor Ort