"Waffen und Munition für die Ukraine" forderte der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck in einer glühenden Rede am Donnerstagabend in Mönchengladbach. Dabei bezeichnete er Russland als die "größte und unmittelbarste Bedrohung" für die Sicherheit Deutschlands und des gesamten Westens. Kremlchef Wladimir Putin agiere "mit offener Aggression, neoimperialer Gewalt und hybrider Kriegsführung".
Die Ukraine brauche dagegen "die entschlossene Unterstützung des Westens", nur Frieden durch Stärke weise "das kriegslüsterne Russland in seine Schranken". Forderungen nach einem Ende der westlichen Waffenlieferungen an die Ukraine und einem schnellen Friedensschluss mit Russland bezeichnete Gauck als "Erzählungen, die vom Geist der Unterwerfung infiziert sind und sich trefflich in die russische Staatspropaganda einfügen". Wer heute für Besonnenheit plädiere, müsse später "unter Umständen einen viel höheren Preis bezahlen".
"Gerechtfertigte Gewalt"
Ja, es stimme: "Weitere Waffenlieferungen verlängern das Töten", räumte der ehemalige Pastor ein. Aber: "Waffen der Verteidiger sind gerechtfertigte Gewalt." Auch, wenn dabei Menschen sterben würden. Ohne Waffen gegen Hitler, sagte Gauck an die "lieben Deutschen" gewandt, würde über ganz Europa heute "die Hakenkreuzfahne wehen".
Mönchengladbachs OB Felix Heinrich, Joachim Gauck, Ministerpräsident Wüst (v.l.)
Gauck war nach Mönchengladbach gekommen, um dort den "Benediktpreis" entgegenzunehmen - laut Begründung für "seinen Einsatz für Recht, Freiheit und Demokratie". "Gerade in diesen, viele Menschen verunsichernden Krisenzeiten" melde sich der evangelische Theologe als "unabhängige, erfahrene Stimme besonnen und bürgernah zu Wort und vermittle Zuversicht und Mut".
NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) hatte zuvor eine emotionale Laudatio auf Gauck gehalten, die den Alt-Präsidenten sichtlich rührte.
Gauck will Preisgeld an Ukraine spenden
Der mit 5.000 Euro dotierte Benediktpreis von Mönchengladbach wird seit 1968 in der Regel alle zwei Jahre vergeben. Er soll "wertorientiertes und vor dem Hintergrund der christlichen- abendländischen Erfahrungen in besonderer Weise herausragendes Handeln" auszeichnen.
Gauck kündigte an, das Preisgeld, das er persönlich noch "angemessen erhöhen" wolle, für humanitäre Zwecke an die Ukrainische Botschaft zu spenden, um der Ukraine im anstehenden nächsten Kriegswinter zu helfen.
Frühere Preisträger
Mit dem Preis werden Beiträge aus den Bereichen Wissenschaft, Wirtschaft, Politik, Gesellschaft und Kultur ausgezeichnet, die beispielhaft für die Zukunft sind, so der Verein. Bisherige Preisträger sind unter anderen der frühere Präsident der EU-Kommission, Jean-Claude Juncker, die ZDF-Moderatorin Dunya Hayali und die schwedische Königin Silvia. Vor zwei Jahren wurde der Initiator des "Stolpersteine"-Projekts, Gunter Demnig, geehrt.
Der 84-jährige Gauck nahm die Auszeichnung im Kaisersaal des Haus Erholung in Mönchengladbach entgegen. Als erster Parteiloser war er von 2012 bis 2017 deutscher Bundespräsident. In der DDR geboren und aufgewachsen, war Gauck zuvor evangelisch-lutherischer Pastor gewesen. Als Leiter der nach ihm benannten "Gauck-Behörde" sorgte er ab 1990 dafür, dass die Archive des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit (Stasi) für die Öffentlichkeit zugänglich wurden.
Unsere Quellen:
- Rede des Ex-Bundespräsidenten Joachim Gauck bei der Preisverleihung
- Homepage des Vereins "Benediktpreis von Mönchengladbach"