Ist die Bahn bereit für ein günstiges Nahverkehrsticket?

Stand: 08.08.2022, 13:03 Uhr

Ende des Monats läuft das 9-Euro-Ticket für den Nahverkehr aus. Verschiedene Modelle für ein Nachfolge-Ticket werden gerade diskutiert. Die Fahrgäste werden sich aber auf viele Baustellen einstellen müssen. Nicht immer wird man reibungslos ans Ziel kommen.

Von Christina Höwelhans

Wenn Bund und Länder sich einigen, könnte es demnächst ein Monatsticket für den gesamten Nahverkehr in Deutschland geben. Es würde zwar nicht mehr 9 Euro kosten, wäre aber vermutlich weiterhin vergleichsmäßig günstig und böte einen Anreiz, in den Zug zu steigen. Aber wäre die Deutsche Bahn in der Lage, die zusätzlichen Fahrgäste zu transportieren?

Nahverkehr in diesem Sommer: Überlastung und Baustellen

Das 9-Euro-Ticket hat dafür gesorgt, dass die Züge und Bahnsteige teilweise überfüllt sind. Die Bahn hat mehrere Herausforderungen zu meistern: Neben den zusätzlichen Fahrgästen, gibt es seit einiger Zeit einen Personalmangel. Außerdem ist das Schienennetz marode und die Züge werden von Baustellen ausgebremst. Am vergangenen Wochenende hat eine Brückenbaustelle in Köln für Verspätungen und Ausfälle im Nahverkehr gesorgt. Am kommenden Wochenende werden zwischen Hamm und Unna Weichen und Gleise erneuert. Die Linien RE 7 und 13 fallen dann aus, ein Schienenersatzverkehr wird eingerichtet.

Baustellen werden in den nächsten Jahren Dauerzustand sein

Auf solche Baustellen müssen sich die Fahrgäste jetzt regelmäßig einstellen. In Nordrhein-Westfalen sollen allein in diesem Jahr 2 Milliarden Euro verbaut werden. Die großen Baustellen sind der RRX durch das Ruhrgebiet, die Betuwe-Linie aus den Niederlanden nach Oberhausen und der Verkehrsknotenpunkt Köln. Außerdem sollen einige Bahnhöfe wir Dortmund und Duisburg saniert werden.

Manchmal ist es nicht möglich, Umleitungen zu organisieren, weil das Schienennetz überlastet ist. "Wir haben es mit jahrzehntelangen Versäumnissen zu tun. Es ist lieber in den Straßenbau als in die Schiene investiert worden", sagt Matthias Gastel dem WDR gegenüber. Er ist Bundestagsabgeordneter für die Grünen und seit Anfang August im Aufsichtsrat der Deutsche Bahn Netz AG, der Infrastruktursparte der Bahn.

Baustellen sollen effizienter organisiert werden

Bislang war es auch ein Problem, dass mehrere Bahntöchter an Baustellen gearbeitet haben: "Heute erneuert DB Netz die Gleise, wenige Wochen später sperrt DB Station & Service den gleichen Streckenabschnitt nochmal, um Bahnsteige zu erneuern", erklärt Gastel. Das wird sich jetzt ändern, die Infrastruktur-Abteilungen sind dafür gebündelt worden. Ab 2024 sollen an den Großbaustellen alle Gewerke gleichzeitig arbeiten. Die Folge wären Totalsperrungen, aber die Einschränkungen wären insgesamt zeitlich kürzer.

Andreas Schröder vom Fahrgastverband Pro Bahn sieht beim Baustellenmanagement noch an anderer Stelle Verbesserungsbedarf: "Wir haben nicht die modernsten Techniken zur Vermittlung von Echtzeitinfos, beispielsweise: Wo ist mein Ersatzbus?" Die Bahn müsse ihre Kunden besser informieren.

Noch ist unklar, wie ein Nachfolgemodell für das 9-Euro-Ticket aussehen wird. Die Idee ist, den Nahverkehr attraktiver zu machen, dabei sei der Preis die Stellschraube, so Birgit Eger aus der WDR-Wirtschaftsredaktion: "Vielleicht fahren die Züge in Zukunft auch wieder pünktlicher, denn die neue Unternehmensstruktur der Deutschen Bahn macht Hoffnung, dass die Baustellen auch besser organisiert werden.“

Über dieses Thema berichtet die Aktuelle Stunde am 13.07.2022

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