Fähnchen mit dem Logo der AfD liegen auf einem Tisch.

Nach Urteil aus Karlsruhe: Wie rechts ist die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung?

Stand: 23.02.2023, 10:27 Uhr

Der Staat fördert die Arbeit von politischen Stiftungen finanziell. Nur nicht die der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung. Dagegen hatte die AfD geklagt. Doch wie rechts ist die Stiftung?

Der Staat fördert die Arbeit der politischen Stiftungen Jahr für Jahr mit einem hohen dreistelligen Millionenbetrag. Doch bisher wird das nicht sauber geregelt. Das Bundesverfassungsgericht beanstandete am Mittwoch in einem Urteil die bisherige jahrzehntelange Praxis. Und forderte ein Gesetz. Hintergrund war eine Klage der AfD, weil die ihr nahestehende Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) derzeit als einzige ohne Förderung auskommen muss.

Das Urteil bedeutet nicht automatisch, dass der DES künftig Geld aus dem Bundeshaushalt zusteht. Die Karlsruher Richterinnen und Richter stellten aber für das Jahr 2019 fest, dass die AfD wegen des fehlenden Gesetzes in ihrem Recht auf Chancengleichheit verletzt wurde.

Nun muss geklärt werden, welche Kritierien für "förderwürdige" Stiftungen gelten.

Geld für demokratische Stiftungen?

Der Grünen-Politiker Volker Beck hat schon vor einiger Zeit ein Gesetz zum Thema Förderung vorgeschlagen. Beck sagt: Staatliches Geld darf eine politische Stiftung nur bekommen, wenn sie einen "Demokratie-TÜV" besteht.

Auch ein Bündnis zivilgesellschaftlicher Organisationen betont: Es müsse sichergestellt werden, dass nur diejenigen Stiftungen staatlich gefördert werden, die sich an die Spielregeln einer demokratischen Gesellschaft halten. Das steht es in einem am Montag verbreiteten offenen Brief an die Vorsitzenden der Fraktionen von SPD, Grünen und FDP. Unterzeichnende sind unter anderem die Bewegung Campact, die Bildungsstätte Anne Frank und die Otto-Brenner-Stiftung.

Kritieren für Förder-Ausschluss festlegen

Dementsprechend müssten auch Kriterien festgelegt werden, nach denen eine parteinahe Stifung von der Förderung ausgeschlossen werden kann, meint Hendrik Cremer. Er ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Deutschen Institut für Menschenrechte. "Denn klar muss sein, dass Stiftungen, die auf die Beseitigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung hinarbeiten, nicht staatlich gefördert werden können", sagte Cremer im WDR.

Auch Max Bauer aus der ARD-Rechtsredaktion fragt: "Wo käme eine Demokratie hin, wenn sie mit vielen Millionen ihre eigenen Feinde finanziert?" Es gehe hier nicht um Gleichheit im politischen Wettbewerb, sondern um die wehrhafte Demokratie. Er verweist auf einen Gedanken, der seit 2017 in der Verfassung stehe: "Auch wenn eine Partei nicht verboten ist, kann sie trotzdem von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen werden. Voraussetzung ist: Sie ist verfassungsfeindlich."

Das Gericht in Karlsruhe hätte ebenfalls formuliert, dass der "Schutz der freiheitlich-demokratischen Grundordnung bei der Finanzierung der politischen Stiftungen ein Kriterium sein kann", so Thorsten Lieb im WDR. Der FDP-Politiker war als Vertreter des Bundestags beim Prozess. Auf dieser Grundlage werden wir ein Gesetz erarbeiten. Und auf dieser Grundlage wird sich entscheiden, ob auch die AfD-nahe Stiftung Geld erhalten könnte.

Die nächste Frage, die sich stellt, wäre also: Bedroht die Stiftung die Demokratie?

Wie rechts ist die AfD-nahe Stiftung?

Laut Cremer vom Deutschen Institut für Menschenrechte ziele die Arbeit der Stiftung darauf ab, rassistisches und rechtsextremes Gedankengut zu verbreiten und die "freiheitlich rechtsstaatliche Demokratie zu beseitigen". So gäbe es unter anderem personelle Überschneidungen und Verflechtungen mit der Neuen Rechten. "Da geht es um eine Personengruppe, die sich als intellektuelle Rechtsextremisten bezeichnen lässt." Auch Publikationen der Stiftung stammten von Verfassern aus den Reihen der Neuen Rechten.

ARD-Rechtsexperte Max Bauer warnt ebenfalls:

"Eines darf bei Neuregelung auf keinen Fall herauskommen: Nämlich, dass die AfD-nahe Desiderius-Erasmus-Stiftung staatliche Millionen erhält." Max Bauer, ARD-Rechtsredaktion

Bauer verweist auf die Stiftungsvorsitzende Erika Steinbach, die auf Social Media an der Hetze gegen Walter Lübcke beteiligt war, bevor der von einem Neonazi ermordet wurde. Auch der Hanau-Attentäter hatte sich am Abend vor seinen Morden eine Rede des AfD-Politikers Björn Höcke angeschaut.

"Mein persönlicher Eindruck ist, dass es in ganz hohem Maße extreme bis extremistische Strömungen gibt - ähnlich wie in der Partei selbst", so Lieb von der FDP. Dass sich die Partei nicht genug von rechtsextremen Positionen distanziert, fanden auch 75 Prozent der Befragten in einer aktuellen ARD-Deutschlandtrend-Erhebung.

Das"Stehen auf dem Fundament des Grundgesetzes" der Stiftung dürfe ebenfalls "deutlich angezweifelt werden", so Lieb. Aber: Es könnte schwierig werden, der Stiftung Inhalte konkret nachzuweisen, die nicht mit dem Grundgesetz vereinbar seien.

Archivbild 2018: Erika Steinbach, Vorsitzende der Stiftung Desiderius-Erasmus, bewirbt auf dem Bundesparteitag der AfD in der Diskussion um die eventuelle Anerkennung einer parteinahen Stiftung ihre Stiftung.

Erika Steinbach, DES

Die DES selbst geht indes davon aus, dass ihr Förderung zusteht. "Der Spielraum ist nicht so weit, wie manche sich das wünschen würden. Sondern es sind Rahmenbedingungen festgelegt, die einzuhalten sind", sagte die Stiftungsvorsitzende Erika Steinbach. "Da alle diese Dinge von uns eingehalten werden, müsste es mit dem Teufel zugehen, wenn wir keine Mittel erhalten."