Trotziger Schriftsteller und Grenzgänger: Stefan Heym

WDR Zeitzeichen 22.05.2024 14:49 Min. Verfügbar bis 23.05.2099 WDR 5

Am 22.5.1979 wird Stefan Heym in der DDR wegen angeblicher Devisenvergehen verurteilt. Dem Schriftsteller sollten Grenzen aufgezeigt werden. Grenzen - ohnehin Heyms zentrales Thema.

Stefan Heyms Lebensthema sind Grenzen: etwa die, die er überqueren muss, als bedrohter Flüchtling, als angefeindeter Emigrant. Doch Grenzen auch in den Köpfen, politische, religiöse, ideologische, an denen er sich wundstößt, selbst wenn die Grenzen sich tarnen. *** Das ist unsere wichtigste Interviewpartnerin: Beate Kunath (Filmemacherin)


Schon als Schüler veröffentlicht er 1931 in einer Chemnitzer Zeitung ein Anti-Kriegs-Gedicht. Damals noch unter seinem richtigen Namen Helmut Flieg. Daraufhin fliegt er vom Gymnasium, studiert Journalistik in Berlin, schreibt in linken Zeitungen - und landet als Feind auf der schwarzen Liste der Nazis. Als Hitler an die Macht kommt, veröffentlicht Flieg nur noch unter dem Pseudonym Stefan Heym und flieht erst nach Schlesien, von dort aus zu Fuß über die Berge nach Prag.


Später emigriert er weiter in die USA und kehrt im Krieg als amerikanischer Soldat zurück. Im besetzten Deutschland arbeitet er als Militärjournalist am Aufbau einer freien Presse mit, kehrt dann aber in die USA zurück. 1948 erscheint sein Kriegsroman "The Crusaders". Als in den USA die McCarthy-Ära beginnt, kehrt er zurück nach Europa, nach Ost-Berlin. In der DDR versteht er sich als "kritischer Marxist".

Schon mit SED-Parteichef Walter Ulbricht bekommt Heym Ärger wegen seiner unangepassten Kommentare. Seit den 1960er-Jahren lehnt die Zensur immer mehr Bücher von Heym ab. 1976 organisiert Heym mit anderen den Protest gegen die Ausbürgerung von Wolf Biermann. 1979 rechnet er in seinem Roman "Collin" mit dem Stalinismus ab. In der DDR darf das Buch nicht erscheinen. Weil Heym es im Westen drucken lässt, wird er am 22.05.1979 wegen Devisenvergehen verurteilt und aus dem Schriftstellerverband ausgeschlossen. 

Nach dem Fall der Mauer macht Heym eine kurze politische Karriere. Er stirbt am 16. Dezember 2001 bei einer Vortragsreise in Israel.

In diesem Zeitzeichen erzählt Jutta Duhm-Heitzmann:
  • Warum Stefan Heym nach seiner USA-Zeit nicht in der BRD, sondern in der DDR sesshaft wurde,
  • dass die DDR ihn erfolglos "zu Tode schweigen" wollte,
  • warum Stefan Heym nach der Wende in die Politik ging - und sie desillusioniert wieder verließ,
  • dass seine Gedichte heute von jungen Leuten neu entdeckt werden.

Das ist unsere wichtigste Interviewpartnerin:
  • Beate Kunath (Filmemacherin, u.a. "Abschied und Ankunft")

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Die Macherinnen und Macher hinter diesem Zeitzeichen:
Autorin: Jutta Duhm-Heitzmann
Redaktion: Matti Hesse / Christoph Tiegel
Technik: Moritz Raestrup

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