Gegensatzpaare sind die Generatoren, die im Jazz – wie in wahrscheinlich aller bemerkenswerten Musik - Kreativität antreiben: Natur und Kultur, Tradition und Innovation, Individuum und Kollektiv. Daher ist es weder Zufall noch Etikettenschwindel, dass der WDR Jazzpreis 2022 in der Sparte „Komposition“ an eine Musikerin vergeben wird, die in Köln bisher vor allem als improvisierende Musikerin aufgefallen ist.
Theresia Philipp, geboren 1991 in einer Kleinstadt in der Lausitz, ist eine der aufsehenerregenden Musikerinnen der jüngeren Generation des deutschen Jazz. Nachdem sie mit elf im Spielmannszug entdeckte, wie viel Spaß sie in der Musik findet, zog es sie über Lehrjahre in einem Musikgymnasium in Dresden und im LandesJugendJazzOrchester Sachsen zum Studium nach Köln, wo sie ihr Handwerkszeug auf Sopran-, Alt- und Baritonsaxofon, Klarinette und Flöte verfeinerte und als sehr aktive und in der Kölner Szene sehr gefragte Musikerin ihre stilistische Palette immer weiter verbreiterte. Theresia Philipp entwickelte Profil als eine Musikerin, die jeder Situation gewachsen ist und mit dramaturgischem Geschick die Spannung der Kontraste auszureizen versteht. Dass sie im Bereich Komposition in Mannheim einen zweiten Studienabschluss ablegte, deutete zugleich schon an, dass die junge Musikerin sich intensiv auch mit den kompositorischen Aspekten des Jazz beschäftigte, mit Strukturen, die helfen, die Improvisation unter Spannung zu halten. Längst hat sie diesen Zweig ihrer Musik ausgebaut, hat beispielsweise ihrem Trio Streicher zur Seite gestellt oder zunehmend auch für Big Band oder andere Großformationen geschrieben, immer als würde sie das Motto der drei Musketiere auf ihre Musik übertragen: Eine für alle, alle für eine.