Er war einen Tick zu jung, als dass man Achim Krämer mit der heroischen Gründerphase des deutschen Free Jazz in Verbindung gebracht hätte: Schicksal. Zudem war die Doppelstadt Wanne-Eickel, in der er 1955 geboren wurde, nicht gerade der Nabel der Welt, tiefster Ruhrpott, Kohleland, städtebaulich kriegsversehrt, schließlich in die Stadt Herne eingeschmolzen. Jazz? Nach dem Ende des legendären Clubs Jazz Wanne kaum noch etwas.
Was es jedoch gab, war eine Schul-Bigband, in der einige der Musiker aufeinandertrafen, die bald zu den spannenden Stimmen der Szene gehörten. Der Trompeter Horst Grabosch gehörte dazu und der Pianist und Orchesterleiter Georg Gräwe. Und Achim Krämer. Mit 16 hatte er die Schule geschmissen, weil er dort schon wusste: „Ich bin Schlagzeuger“. Ein paar Jahre später hatten diese Musiker Wanne-Eickel zu einer Hauptstadt des Jazz im Westen gemacht: Grubenklang – aktueller, experimenteller Jazz mit einem Hang zur proletarischen Industrieromantik. „Ich habe immer versucht, von allen Stilen zu lernen“, charakterisiert Krämer seinen musikalischen Standort. „Wenn man improvisiert, dann schüttelt man das einfach durch, und wenn man Glück hat, kommt dann was ganz Neues dabei raus.“ So war es damals, so ist es geblieben über all die Jahre, die Konzerte, Schallplattenaufnahmen, Theatermusiken, und so ist es noch heute. „Man muss schon eine sehr große Liebe haben“, erklärt er das Geheimnis hinter einer Karriere, die mittlerweile ein halbes Jahrhundert umspannt. Achim Krämer ist einer dieser Musiker, die immer schon dabei sind, unverzichtbar in der Brillanz seiner improvisierten Beiträge, in seiner Fähigkeit, die Farben seines Instruments in die sich schnell wandelnden Gegebenheiten einer kollektiven Improvisation einzubringen, zu hören und zu (re-)agieren. Einer, der dafür sorgt, dass das Ganze zum Glänzen kommt.