Der Kommissar

Stichtag

3. Januar 1969 - Start der ZDF-Krimiserie "Der Kommissar"

Der Donner rollt, Gewitterregen prasselt in düsterem Schwarzweiß aufs Kopfsteinpflaster. Im Dunkel der Nacht nur ein geschlossenes Karussell, ein aufgespannter Schirm und ein Toter im Smoking auf der nassen Straße. Scheinwerfer erfassen die Leiche. Die dramatische Titelmusik setzt ein.

So beginnt am 3. Januar 1969 die erste Folge der ZDF-Krimiserie "Der Kommissar". Titelheld Herbert Keller - der Vorname wird eigentlich nie genannt - ist Chef der Münchener Mordkommission. Ein kleiner, untersetzter Herr, besonnen, souverän, meist kurz angebunden, Kettenraucher und im Büro gern mit einem Glas Cognac in der Hand. Kellers Leichen liegen bevorzugt in zwielichtigen Milieus, an der Isar oder in noblen Villenvierteln.

Der Patriarch und seine "Kinder"

Mit dem "Kommissar" tritt das ZDF gegen die rasanten Serien aus den USA an, die bis dahin das Krimi-Genre beherrschen. Als Hauptdarsteller setzt Produzent Helmut Ringelmann den erfahrenen Synchronsprecher und Schauspieler Erik Ode durch, dessen große Film- und Bühnenzeit schon etwas zurückliegt. Für das ZDF gilt Ode als Fehlbesetzung. Ausgerechnet ein eher spießiger Mittfünfziger mit schütterem Haar und Oberlehrerattitüde soll den taffen amerikanischen Detektiven Konkurrenz machen? Doch Ringelmann beweist das richtige Näschen für den Publikumsgeschmack.

Binnen kürzester Zeit verfolgen bis zu 60 Prozent der Deutschen gebannt am Fernseher, wie Ode als "Der Kommissar" am Freitag den Mord aus München aufklärt. Während langhaarige Hippies und kiffende Rebellen in Schwabing die Welt verändern, haben Studentenprotest und Wertediskussion in Kellers Weltbild noch keine Spuren hinterlassen. Altväterlich duzend, mal streng, mal milde, dirigiert Keller seine Assistenten-Truppe, gedanklich immer einen Schritt schneller als seine "Kinder". Für den flotten Walter Grabert (Günther Schramm), den herben Robert Heines (Reinhard Glemnitz) und Harry Klein (Fritz Wepper), den blonden Benjamin, bleibt Keller respektvoll "der Chef".

Große Namen als Zugpferde

Vom emanzipatorischen Zeitgeist völlig unberührt ist auch Kommissar Kellers forscher Umgang mit Frauen, im Büro vertreten durch Sekretärin Frl. Rehbein ("Rehbeinchen"), die gute Seele. Seiner Ehefrau daheim schmeichelt der Kommissar: "Du bist dumm, aber lieb." Die kammerspielartig inszenierten Episoden stammen aus der Feder von Herbert Reinecker. Spannung erzeugt der Drehbuch-Routinier meist nicht mit Action, sondern durch eindringliche, intensive Dialogszenen, in denen gefallene Hippiemädchen, perfide Geschäftsleute oder kauzige Alte die Abgründe ihres Lebens offenbaren.

Regelmäßig engagiert Helmut Ringelmann renommierte Schauspieler von Film und Bühne als Zugpferde. Große Mimen wie Curd Jürgens, Bernhard Wicki, Lilli Palmer oder Elisabeth Flickenschildt liefern unvergessene Gastauftritte in der Serie ab. Für Jungdarsteller wie Monica Bleibtreu, Susanne Uhlen und Sascha Hehn wird sie zum Karrieresprungbrett. Sieben Jahre lang überführt Kommissar Keller im ZDF zuverlässig jeden Kriminellen und bringt das beruhigende Gefühl von Recht und Ordnung in die deutschen Wohnzimmer. Nach 97 Folgen - die hauseigene Konkurrenz "Derrick" ist längst auch in München auf Mörderjagd - geht Erik Ode alias "Der Kommissar" im Januar 1976 in Pension.

Stand: 03.01.2014

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