Michael Hutchence bei Pressekonferenz im September 1996

Stichtag

22. November 1997 - Tod des INXS-Sängers Michael Hutchence

Nach 20 Jahren als Top-Gruppe im Rockgeschäft scheint INXS die besten Jahre hinter sich zu haben. Doch im Juni 1997, beim Rockpalast-Festival des WDR auf der Loreley, präsentiert sich Australiens Mega-Band wieder in Bestform. Vor allem INXS-Sänger Michael Hutchence, die blonde Mähne schwarz gefärbt, lässt sich von der Stimmung in der Freiluftbühne über dem Rhein zu einer grandiosen Show hinreißen.

Mit laszivem Hüftschwung und seiner unverwechselbaren Stimme beweist der 37-jährige Superstar, warum er noch immer als einer der charismatischsten Rock-Performer gilt. Keiner auf der Loreley ahnt damals, Zeuge eines pophistorischen Ereignisses zu sein. Fünf Monate nach dem legendären Rockpalast-Konzert schockt eine Nachricht die Musikwelt: INXS-Frontmann Michael Hutchence ist tot, erhängt mit einem Ledergürtel.

Morrison-Fan und Party-Löwe

Seit ihrer Gründung 1977 hatte INXS in unveränderter Besetzung gespielt und war ab Mitte der 80er Jahre zu Australiens erfolgreichstem Exportschlager aufgestiegen. Mit Welthits wie "Need You Tonight", "Devil Inside" oder "Suicide Blonde" setzt sie über 30 Millionen Alben ab und spielt rund um den Globus in ausverkauften Stadien. Ihre Musik ist diskotauglicher Mainstream, aus Dancefloor, Blues, Ska, Funk und Rock und mit Hutchence' Stimme zum unverkennbaren INXS-Sound verquirlt. Aufwändig produzierte Videos laufen bei MTV im Dauereinsatz.

Auf der Bühne wie im Privatleben beweist Michael Hutchence, dass der Bandname INXS (in excess) für ihn Programm ist. Seinem Idol Jim Morrison folgend, inszeniert er sich als Narziss, der über teuflische Abgründe balanciert. Doch im Gegensatz zum melancholischen Morrison lässt der lustvolle Bohemien Hutchence keine Party aus und genießt sein wildes, ausschweifendes Rockstar-Dasein offenbar in vollen Zügen. "Mr. Sexcess" wirft Drogen ein wie andere Drops, prügelt sich mit Paparazzi und liefert der Boulevard-Presse durch Affären mit Popsängerinnen und Supermodels fette Schlagzeilen.

Rätsel um Tod ohne Abschiedsbrief

Ruhiger wird es um den Australier erst, als er 1995 eine Beziehung mit der britischen TV-Moderatorin Paula Yates eingeht, die zuvor mit Bob Geldof verheiratet war. Nachdem das Paar eine Tochter bekommen hat, nimmt Hutchence mit INXS nach einigen mageren Jahren ein neues Album auf und setzt zum großen Comeback an. Dazu kommt es nicht mehr. Am 22. November 1997 wird der Star tot im Ritz Carlton Hotel in Sydney entdeckt, nackt und mit dem eigenen Gürtel um den Hals. Daneben leere Schnapsflaschen, starke Tranquilizer und Antidepressiva, aber kein Abschiedsbrief.

Schnell verbreiten sich Gerüchte, etwa über misslungene Fesselspiele. Doch die Autopsie ergibt: Selbsttötung durch Erhängen. Zur Trauerfeier strömen Tausende INXS-Fans nach Sydney. Auf Großbildleinwänden erleben sie mit, wie die Band in der St. Andrews Kirche Abschied von ihrem Sänger nimmt. Hutchence' Lebensgefährtin Paula Yates ist im tief ausgeschnittenen, schwarzen Minikleid mit Tochter Tiger Lily auf dem Arm erschienen.

Nach einem Jahr geht INXS mit neuen Songs und wechselnden Sängern wieder auf Tour. Doch für viele Fans ist die Band mit Michael Hutchence gestorben. INXS ohne ihren Frontmann ist wie die Rolling Stones ohne Mick Jagger, heißt es. Paula Yates fällt nach dem unbegreiflichen Tod ihres Freundes in eine tiefe Lebenskrise. Am 17.  September 2000 stirbt die 41-Jährige in London an einer Überdosis Heroin. Ihr Kopf liegt auf dem Kissen, in das sie Michaels Asche eingenäht hatte.

Stand: 22.11.2012

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