Manfred Schmidt ist entsetzt. In der Nachkriegszeit ist der Zeichner und Reiseschriftsteller als Pressezeichner für den Ullstein Verlag tätig. Da fallen ihm die von amerikanischen Soldaten importierten Comics in die Hände.
"Das kann doch nicht wahr sein", habe er damals gedacht, wird Schmidt sich später erinnern. Wenn die Figuren "etwas sagen, kommt eine Textblase aus dem Mund, wenn sie etwas hören aus dem Ohr, wenn sie etwas denken, was sie selten taten, auch noch aus dem Kopf. Ich fand das idiotisch und dachte: 'Das kann man nur parodieren'.“
Kampf gegen Miezen-Max und Schläger-Schorsch
Schmidt setzt sich ans Zeichenbrett und parodiert. Heraus kommt Nick Knatterton: ein schlagkräftiger Meisterdetektiv mit Schirmmütze, Pfeife und kariertem Knickerbockeranzug, der wie eine Mischung aus Sherlock Holmes und James Bond daherkommt. Mit Werkzeugkasten in den Schuhsohlen, einem Fallschirm im Hosenboden, einem künstlichen Hinterkopf und einem unschlagbaren rechten Haken bewaffnet, ermittelt er in üblen Hafenspelunken wie der "Alibi-Bar" oder in Juwelenläden in der "Klunkerstraße".
Dort gerät Nick Knatterton mit Gangstern wie Tresor-Theo, Miezen-Max und Schläger-Schorsch aneinander und lässt seinen unglaublichen Scharfsinn bisweilen von den weiblichen Reizen Virginia Pengs, Mi-Tse Meyers oder Molly Molls blenden. Dabei wimmelt es in den Abenteuern nicht nur von Sprech- und Denkblasen. Auch Riechblasen und komplexe Erklär-Kästchen füllen die Bilder.
Kombiniere: Knatterton wird Kult
Am 3. Dezember 1950 erscheint der Auftakt der ersten Nick-Knatterton-Fortsetzungsgeschichte "Der Schuss in den künstlichen Hinterkopf" in der Illustrierten "Quick" – und trifft mit zotigem Humor, sexuellen Freizügigkeiten und Anspielungen auf die Adenauerzeit offenbar den Nerv der Zeit. In nur sechs Wochen steigt die Auflage der "Quick" um ein Drittel, das von Knatterton gern benutzte Wörtchen "Kombiniere" geht in den Wortschatz vieler Bundesbürger ein. Ein großer Fan ist Loriot. Die als Parodie geplante Serie wird aber nicht nur in Deutschland Kult. In Holland allerdings retuschiert man die oft halb freigelegten Brüste und üppigen Popos der Unterweltdamen auf Normalmaß – während man sie in der Türkei noch ausbaut: „Und so hatte ich drei Sorten Damen in meinen Strips drin“, sagt Schmidt.
1959 kommt der Film "Nick Knattertons Abenteuer. Der Raub der Gloria Nylon" mit Karl Lieffen als Titelhelden sowie Gerd Fröbe und Wolfgang Neuss in Nebenrollen in die Kinos. Anfang der 80er Jahre sorgt der Meisterdetektiv als Trickfilmstar auch im Westdeutschen Werbefernsehen (WWF) des WDR für Furore. Die Filme werden von Schmidt selbst im eigenen Studio produziert.
Manfred Schmidt stirbt 1999 in Ambach am Starnberger See. Noch heute vergibt der Bund Deutscher Polizeibeamter (BDK) am Aschermittwoch eine Nick-Knatterton-Ehrenmütze.
Stand: 03.12.2015
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