Als Kind verspürt Pierre Culliford wie so viele Kinder, den Drang zu zeichnen. Aber anders als die meisten anderen denkt er nicht daran, die Leidenschaft in späteren Jahren aufzugeben. "Die einen entschließen sich eines Tages, erwachsen zu werden. Die anderen, die das nicht wollen, zeichnen Comics. Das mache ich, sehr ernsthaft – aber ohne mich selbst ernst zu nehmen." Er wird einer der bekanntesten Comic-Zeichner Belgiens und nennt sich Peyo.
Berühmtestes Ergebnis dieser ernsthaft betriebenen Kindereien sind 101 geheimnisvolle Wesen mit blauer Haut und weißen Mützen, die genau drei übereinandergeschichtete Äpfel groß sind, der Welt freundlich gegenübertreten und keinerlei Schmerzen kennen. Ihr Name fällt Peyo ein, als ihm beim Gespräch mit seinem Freund und Zeichnerkollegen André Franquin die Worte fehlen. "Wir hatten Ferien und alberten am Tisch herum", wird er sich später erinnern. "Und immer, wenn mir ein Wort nicht einfiel, sagte ich: 'Gib mir mal das Dings da, den Schlumpf da'. Und Franquin antwortete: 'Danke fürs Schlumpfen des Schlumpfes'."
Das Böse kommt von außen
Geboren wird Peyo 1928 in Brüssel. Schon als Kind ist er begeistert von Comics; seinen ursprünglichen Wunsch, Trickfilmzeichner zu werden, verwirft er schnell. Stattdessen wird er 1946 durch seinen Comic "Johann und Pfiffikus" bekannt, in dem ein blonder Page mit seinem frechen Freund durch ein imaginäres Mittelalter zieht. Am 23. Oktober 1958 zeichnet Peyo für Franquins Zeitschrift "Spirou" eine Geschichte, in der Johann und Pfiffikus in einem verwunschenen Wald eine magische Flöte mit sechs Löchern finden. Sie gehört unsichtbaren Wichten, die den Zauberwald bevölkern und sich selbst "Schtroumpfs" - zu deutsch: "Schlümpfe" - nennen.
Eigentlich will Peyo den Schlümpfen keine große Zukunft geben. Aber dann merkt er, dass seine Fans die blauen Wichte lieb gewonnen haben. So entwickelt er die Welt der Zauberwaldgeschöpfe zu Schlumpfhausen mit seinen fliegenpilzförmigen Wohnungen weiter: ein Paradies ohne Arg und Frauen. Erst als das Leben in Schlumpfhausen langweilig zu werden droht und verschiedene Frauengruppen Gleichberechtigung bei der Bewohnerauswahl fordern, lässt Peyo den garstigen Alchemisten Gargamel eine Schlumpfine erschaffen, die die Dorfgemeinschaft ordentlich durcheinanderwirbelt, letztlich aber ihren Platz in der sanften und fröhlichen Idylle findet.
Schlumpfen ohne Ende
Anfang der 60er Jahre kommen die Schlümpfe auch nach Deutschland: als Comic in Rolf Kaukas Zeitschrift "Fix und Foxi", aber auch in Form kleiner Spielzeugfigürchen aus Weichplastik, die die Kinderzimmer erobern. Der weltweite Durchbruch gelingt ihnen 1976 mit ihrem zweiten Kinofilm, der sie in ihrer ganzen blau-weißen Pracht präsentiert: ein erster, in Schwarzweiß gedrehter Film hatte sich noch als Flop erwiesen.
Selbst der Versuch eines Holländers, den sympathischen Zwergen aus dem Nachbarland gesanglich den Garaus zu machen, scheitert: Zwar schafft es ein bärtiger Mann unter dem Pseudonym Vader Abraham 1977 erfolgreich, die Schlümpfe als piepsende Naivlinge zu karikieren. Trotzdem ist die Schlumpfomanie in der Welt bis heute nicht abgeebbt. 2011 und 2013 kommen zwei neue Schlumpffilme in 3D-Tricktechnik in die Kinos, 2015 soll ein weiterer folgen.
Peyo selbst erliegt 1992 in seiner Geburtsstadt Brüssel einem Krebsleiden. Sein Sohn Thierry Culliford lässt seitdem die blauen Wichte im Sinne seines Vaters weiterschlumpfen.
Stand: 23.10.2013
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