Sepp Herberger weiß nicht nur, dass der Ball rund ist und ein Spiel 90 Minuten dauert. Er weiß auch, dass Frauen zum Fußballspielen nicht geeignet sind: "Eben schon deshalb, weil das ein Kampfsport ist." Und auch der renommierte niederländische Psychologe, F.J.J. Buytendijk, kommt in einer Studie zu dem Schluss: "Es ist noch nie gelungen, Frauen Fußball spielen zu lassen. Das Treten ist wohl spezifisch männlich."
Dummerweise bilden sich, vor allem im Ruhrgebiet, in den 1950er Jahren trotzdem immer mehr Damenfußballclubs. Ihre Spiele ziehen bis zu 10.000 Zuschauer an. Das alarmiert den Deutschen Fußball-Bund (DFB). 1955 ächtet er das Frauen-Kicken. Vereinen im DFB wird untersagt, "Damenfußball-Abteilungen zu gründen oder Damenfußball-Abteilungen bei sich aufzunehmen oder Plätze für Damenfußballspiele zur Verfügung zu stellen". Sein Verbot begründet der DFB mit "grundsätzlichen Erwägungen und ästhetischen Gründen".
Fußball in Stöckelschuhen?
Frauenfußball wird sich danach erledigen, glaubt auch Fußballtrainer Jupp Derwall: "Ich habe damals gedacht, das ist so eine Modewelle der Damen, nach Maxi kommt Mini." Aber denkste: Die Damen spielen weiter auf kommunalen Plätzen, gründen eigene Vereine, selbst chauvinistische Trikottausch-Witze können daran nichts ändern. 1956 sehen 18.000 Zuschauer das erste - inoffizielle - Frauen-Länderspiel Deutschland gegen Holland. Erst 1970 kapituliert der DFB vor dem, was die Bild-Zeitung "Fußball-Sturmlauf auf Stöckelschuhen" nennt. Zu dieser Zeit laufen schon etwa 60.000 Frauen dem runden Leder nach - natürlich nicht in Stöckelschuhen.
Dann versteift sich der DFB sogar zu dem Versprechen, an der Damenfußball-Europameisterschaft 1984 teilzunehmen. Allerdings gibt es zu diesem Zeitpunkt noch keine Nationalmannschaft. Also wird DFB-Präsident Hermann Neuberger ausgesandt, um geeignete Talente zu suchen. Eines dieser Talente ist Petra Landers, die seit 1981 bei Bergisch-Gladbach spielt – immerhin ein Verein, der kurz zuvor in Taiwan "inoffizieller Weltmeister" geworden ist. "Keiner hat damit gerechnet, dass wir mal dastehen und in der Nationalmannschaft stehen", wird sie sich später erinnern. "Weil: Es gab ja keine."
Landers, der Libero
Beim ersten offiziellen Länderspiel einer deutschen Frauen-Fußballmannschaft am 10. November 1982 in Koblenz steht Landers mit der Nummer 5 als Libero gegen die Schweiz auf dem Feld. Unter DFB-Trainer Gero Bisanz gewinnt das Team 5:1, das erste offizielle Länderspieltor schießt Doris Kresimon. Zwei Tore schießt die damals 17-jährige Silvia Neid. Unter ihrer Ägide als Nationaltrainerin schaffen es die deutschen Fußballfrauen sogar auf Platz Eins der Weltrangliste. Die deutschen Fußballerinnen werden 2003 Weltmeister und sind sechsmalige Europameister.
Bei der EM 1982 geht es nicht ganz so glücklich aus. Die Frauen scheitern schon in der Qualifikationsgruppe. Europameister wird Schweden.
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