Das Finale des Europapokals der Landesmeister 1962 geht in die Fußballhistorie ein. Real Madrid, Sieger der ersten fünf Endspiele um den neu eingeführten Europacup, trifft auf Benfica Lissabon. Die Spanier, damals die beste Vereinsmannschaft der Welt, führen bereits 2:0, dann dreht das portugiesische Team von Benfica auf und fegt Real mit 5:3 vom Platz.
Fußballexperten bewerten das sensationelle Finale von 1962 als Geburtsstunde des modernen Offensivspiels. Für Béla Guttmann, den Chefcoach von Benfica Lissabon, bedeutet es den Höhepunkt einer 40 Jahre dauernden Karriere, in der er zu einem der erfolgreichsten Vereinstrainer der Welt aufsteigt.
Flucht vor Nazis und Kommunisten
Béla Guttmann im Trikot des Wiener Hakoah-Teams
Am 27. Januar 1899 als Sohn jüdischer Eltern geboren, erhält Guttmann mit 17 Jahren einen Profivertrag in seiner Heimatstadt Budapest. Der äußerst talentierte Spielmacher gewinnt bei mehreren Clubs Titel auf Titel und geht mit dem berühmten jüdischen Hakoah-Team aus Wien auf USA-Tournee.
Als einer der ersten Weltbürger des Fußballs wechselt Guttmann 1933 ins Trainerlager. Unnachgiebig setzt er auf Professionalisierung der von ihm geführten Teams – und auf Disziplin. Wird seine Autorität infrage gestellt, heuert der als harter Verhandler gefürchtete Guttmann bei einem anderen Club an. Mit Újpest Budapest holt er 1939 den Mitropa-Pokal, den Vorläufer des Uefa-Cups.
Kurz darauf muss Béla Guttmann vor den Nazis fliehen. Er überlebt in Portugal und kehrt später nach Ungarn zurück. Bis dahin hat er mehr als ein Dutzend Topmannschaften trainiert. Nach dem Volksaufstand 1956 übernimmt er Ungarns Nationalmannschaft um den legendären Spielführer Ferenc Puskás und geht mit ihr auf Exil-Tournee in Südamerika.
Karriere-Zenit in Portugal
Vor allem in Brasilien fällt Guttmanns Offensivstrategie auf fruchtbaren Boden. "Brasiliens Nationalmannschaft, die 1958 erstmals den Weltmeistertitel holte, tat dies mit dem System, das Guttmann aus Ungarn mitgebracht hat", sagt der Sportjournalist Christian Eichler. "Er hat die Verbindung zwischen den Fußballkulturen Europas und Südamerikas geschaffen."
Zurück in Europa führt Béla Guttmann den FC Porto auf Anhieb zur portugiesischen Meisterschaft. Mit dem Rivalen Benfica Lissabon gewinnt er 1961 und 1962 zwei Mal den Europacup der Landesmeister.
Im Streit um seine hohen Gehaltsforderungen verlässt er den Club. Nach sieben weiteren, ebenso kurzen wie erfolglosen Trainerstationen beendet Béla Guttman 1974 seine Karriere und stirbt im August 1981 in Wien.
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