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7. Juni 1871 - Das Reichshaftpflichtgesetz wird verabschiedet

Stand: 31.05.2021, 19:28 Uhr

Ein Meilenstein in der Versicherungsgeschichte ist das Reichshaftpflichtgesetz von 1871. Es legt die Grundlage für die Regelung der Haftung von Unternehmen für Beschäftigte.

Reichshaftpflichtgesetz verabschiedet (07.06.1871)

WDR ZeitZeichen 07.06.2021 14:36 Min. Verfügbar bis 08.06.2099 WDR 5


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Während der Industrialisierung wächst die Zahl der Arbeiter - aber auch ihre Gefährdung. In den Industriebetrieben des 19. Jahrhunderts gibt es viele neue Maschinen, die noch nicht zuverlässig funktionieren. Der Arbeitsschutz aber fehlt.

Die Folge: Durch Invalidität oder sogar Tod von Beschäftigten werden ganze Familie von der Armenfürsorge abhängig. Noch ist die Absicherung von Risiken nicht geregelt. Dieser Herausforderung muss sich der Staat erst stellen. Er reagiert mit dem Reichshaftpflichtgesetz, das am 7. Juni 1871 verabschiedet wird.

Eisenbahn, Bergwerke, Fabriken

"Wenn bei dem Betriebe einer Eisenbahn ein Mensch getötet oder körperlich verletzt wird, so haftet der Betriebs-Unternehmer für den dadurch entstandenen Schaden", heißt es im ersten Paragraphen des Gesetzes. Dieses Prinzip gilt auch für Bergwerke, Steinbrüche und Fabriken.

Damit gibt es erstmals für Industriezweige eine Betriebshaftung und damit eine Ersatzpflicht für Unternehmer.

Langsame Ausdehnung

In der Praxis bleiben die meisten Betriebsunfälle aber ohne Entschädigung, denn die Betroffenen müssen ein Verschulden des Unternehmens nachweisen. Außerdem sind zunächst viele Arbeitsbereiche von dem Gesetz ausgeschlossen. Die Landwirtschaft wird zum Beispiel erst 1886 aufgenommen.

Trotzdem wird das Reichshaftpflichtgesetz zum Vorbild: Nach seiner Verabschiedung gründen sich erste Gesellschaften für Unfall- und Haftpflichtversicherungen. Als Pionier gilt der Schwabe Carl Gottlob Molt. Der gelernte Konditor gründet 1874 den Allgemeinen Deutschen Versicherungsverein.

Gesetzliche Unfallversicherung folgt

Neben Unfall-, Kranken- und Sterbekassenversicherungen entwickelt Molt auch die Privathaftpflicht. Das Ziel: Unternehmer sollen sich vor existenzbedrohenden Ersatzzahlungen schützen können.

1880 wird Molt vom Reichskanzleramt als Experte zugezogen, um eine gesetzliche Unfallversicherung zu entwickeln. Sie tritt vier Jahre später in Kraft. Damit wird die Haftpflicht der Arbeitgeber auf die Berufsgenossenschaften übertragen.

Regulierung wird nötig

Es entstehen nun auch Haftpflichtversicherungen für Kleingewerbetreibende, Haus- und Grundbesitzer, Mieter, Ärzte, Hotelbesitzer und Notare. Um den Wettbewerb zwischen den Versicherungsgesellschaften zu regulieren, gibt es einen rechtlichen Rahmen.

Mit Erfolg: 1900 wird ein einheitliches Haftpflichtrecht eingeführt, im Jahr darauf tritt das Versicherungsaufsichtsgesetz in Kraft, 1902 nimmt das Kaiserliche Aufsichtsamt für Privatversicherung die Arbeit auf.

Autorin des Hörfunkbeitrags: Martina Meißner
Redaktion: Ronald Feisel

Programmtipps:

"ZeitZeichen" auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 7. Juni 2021 an das Reichshaftpflichtgesetz. Das "ZeitZeichen" gibt es auch als Podcast.

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