16. März 37 - Todestag des römischen Kaisers Tiberius

Stand: 16.03.2022, 10:20 Uhr

Die antiken Quellen liefern ein extrem widersprüchliches Bild des zweiten römischen Kaisers. War Tiberius ein effizienter politischer Realist und getreuer Testamentsverwalter des Augustus? Oder doch der herrschsüchtige Widerling, als den Tacitus ihn beschreibt?

Tiberius spürt die Last der Verantwortung, die ihm übertragen wird, es hat ihn nicht zum Kaisertum gedrängt. Über ihm schwebt der Schatten des gottgleichen Augustus, des "Erhabenen", der die Römische Republik als Alleinherrscher in die Monarchie geführt hat.

Tiberius, römischer Kaiser (gestorben am 16.03.037) WDR ZeitZeichen 16.03.2022 14:48 Min. Verfügbar bis 15.03.2099 WDR 5

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Im Jahr 4 n. Chr. bestimmt Augustus seinen 47-jährigen Stiefsohn durch Adoption zum designierten Nachfolger. Die letzten beiden seiner favorisierten Erben sind gerade gestorben. Tiberius weiß: Augustus sieht ihn als Notlösung, als Platzhalter, dem ein entscheidender dynastischer Makel anhaftet: Er ist nicht blutsverwandt.

Widersprüchliche Quellenlage

Deshalb zwingt Augustus ihn, dessen jungen Großneffen Germanicus zu adoptieren, den er damit als seinen wahren Erben nach Tiberius installiert. "Man übertrug auf Germanicus die Zuneigung und Hoffnung. Der junge Mann besaß ein gewinnendes Wesen, das sich deutlich unterschied von Tiberius, der anmaßend und undurchsichtig war", schreibt Tacitus ein Jahrhundert danach.

Das Urteil des Tacitus ist allerdings mit Vorsicht zu genießen, denn die gesamte Quellenlage zu Tiberius ist geprägt von Parteinahmen und extremen Widersprüchen. "Wir haben zwei Überlieferungen, die kontradiktorisch sind", erklärt der Kölner Althistoriker Werner Eck.

Während der Zeitgenosse des Tiberius, Velleius Paterculus, ihn schwärmerisch als Idealtypus eines Herrschers beschreibt, fällen alle späteren Historiographen wie Tacitus, Cassius Dio und Sueton ein vernichtendes Verdikt: Maßlos in seiner Herrschsucht sei Tiberius gewesen, grausam und wollüstig, geprägt von tiefstem Misstrauen.

Effizienter Reichsverwalter

Beim Tod von Augustus 14 n. Chr. kämpft Germanicus mit seinen Legionen um die Rückeroberung Germaniens nach der desaströs verlorenen Varusschlacht. Als die Soldaten von Augustus' Tod erfahren, wollen sie Germanicus an Stelle von Tiberius zum Princeps ausrufen. Das aber lehnt der gegenüber seinem Adoptivvater loyale Heerführer kategorisch ab. So wird Tiberius im Alter von 55 Jahren Kaiser des Römischen Reichs.

Die Geschichtsforschung zeichnet heute das Bild eines Herrschers, der unspektakulär regiert und sich der von Augustus angelegten Herrschaftsstruktur des Prinzipats unterordnet. Tiberius betreibt keine aggressive Außenpolitik, verwaltet die Reichsfinanzen effizient und lehnt öffentlichen Ehrungen strikt ab. Doch als Roms Liebling Germanicus 19 n. Chr. mit nur 34 Jahren in Syrien stirbt, wird Tiberius – wohl zu Unrecht – beschuldigt, ihn vergiftet zu haben.

Die Verschwörung des Seianus

Die zweite Hälfte der Tiberius-Herrschaft wird überschattet von einer fatalen Allianz mit dem machtbewussten Prätorianerpräfekten Aelius Seianus. Der Befehlshaber der kaiserlichen Leibgarde genießt solch ein Vertrauen bei Tiberius, dass dieser sich 26 n. Chr. für die letzten elf seiner 22 Regierungsjahre auf die Insel Capri zurückzieht. Alle Wege zum Kaiser führen nun über Seianus.

Erst als Antonia, die Mutter des Germanicus, Seianus beschuldigt, ihre Familie systematisch auszurotten und selbst nach der Macht zugreifen, handelt Tiberius. Im Jahr 31 n. Chr. lässt er Seianus binnen weniger Stunden verhaften, anklagen und hinrichten.

Am 16. März 37 stirbt Tiberius mit 77 Jahren am Golf von Neapel eines natürlichen Todes. Von den neun Kindern des Germanicus leben nur noch Agrippina, die Gründerin von Köln und Mutter des späteren Kaisers Nero. Und Caligula, der jüngste Sohn, der nun Nachfolger des Tiberius wird.

Autorin des Hörfunkbeitrags: Marfa Heimbach
Redaktion: Matti Hesse

Programmtipps:

ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 16. März 2022 an Kaiser Tiberius. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.

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