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Agnes Karll, Reformerin der Krankenpflege

25. März 1868 - Die Krankenpflege-Reformerin Agnes Karll wird geboren

Krankenpflege im 19. Jahrhundert? Frauensache! Möglichst unbezahlt. Agnes Karll kämpft für Reformen. Zusammen mit anderen Krankenschwestern gründet sie die erste Berufsorganisation - beschimpft als "Wilde Schwestern".

An einem Sonntagabend im Januar 1903 treffen sich 37 Krankenschwestern in Berlin. Sie sind nicht in einer Schwesternschaft organisiert, sondern arbeiten auf eigene Rechnung. Das bedeutet: Sie haben keine Absicherung, weder im Krankheitsfall noch im Alter. Auch einen Urlaubsanspruch haben sie nicht.

Agnes Karll will das ändern und hat einen Plan. "Wer soll uns denn unseren Beruf aufbauen, wenn wir es nicht selbst tun?!", fragt sie die anwesenden freien Schwestern. Gemeinsam gründen sie daraufhin die erste Berufsorganisation der Krankenpflegerinnen Deutschlands. Sie ist die Vorläuferin des heutigen Berufsverbands für Pflegeberufe (DBfK).

Agnes Karll, Pflege-Reformerin (Geburtstag, 25.03.1868)

WDR Zeitzeichen 25.03.2023 14:42 Min. Verfügbar bis 25.03.2099 WDR 5


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Keine Lust auf Diakonissenerziehung

Agnes Karll ist eine treibende Kraft bei der Professionalisierung der Pflege in Deutschland. Geboren wird sie am 25. März 1868 im niedersächsischen Embsen. Sie will eigentlich Ärztin werden. Doch ihre Eltern trennen sich und die Familie verarmt. Die 14-jährige Agnes geht nach Schwerin und macht zunächst bei Johanna Willborn eine Ausbildung als Erzieherin.

Diese Vertreterin der bürgerlichen Frauenbewegung prägt Agnes. Von ihr hört sie zum ersten Mal von Selbsthilfevereinen für Frauen. Mit 16 Jahren will Agnes der Medizin näher kommen. Deshalb entscheidet sie sich für eine Ausbildung zur Krankenschwester. Doch es gibt ein Hindernis: Die damals übliche strenge Diakonissenerziehung bei einer konfessionellen Schwesternschaft lehnt Agnes ab.

Freie Schwesternschaft in Berlin

Sie entscheidet sich deshalb für das neu gegründete Clementinenstift einer Rotkreuz-Oberin in Hannover. Die Gründerin und Leiterin will die Ausbildung der Schwestern systematisch verbessern: Sie sollen in Universitätskliniken auf den neuesten medizinischen Stand gebracht werden.

Doch Agnes ist nicht glücklich: "Die hiesigen Verhältnisse sind einfach unhaltbar, weil Frau Oberin durch ihre grenzenlose Heftigkeit, Strenge und Hochmut es dazu bringen wird, dass auch nicht eine Schwester im Haus bleibt." Nach langem Nachdenken wählt sie mit 22 Jahren die freie Schwesternschaft. Sie geht nach Berlin und arbeitet in der Familienpflege. Das bedeutet noch mehr Nähe zu den Kranken und Angehörigen - physisch und psychisch eine große Belastung.

Eigene Schwesternschule in Dortmund

Etwas erholen kann sich Agnes Karll bei der Pflege einer nervenkranken Amerikanerin. Mit ihr reist sie zum ersten Mal in die USA und erlebt dort andere Pflegebedingungen: "Hier hält man es für die erste Pflicht einer Pflegerin, ihre Gesundheit zu erhalten." Zudem sei der Verdienst doppelt zu hoch.

Zurück in Berlin erfährt Agnes Karll von den neuen Möglichkeiten einer privaten Alters- und Krankenversorgung. Sie nimmt Kontakt auf zum Versicherungsunternehmen "Deutscher Anker" und wird zum Bindeglied: Sie arbeitet parallel als Schwester und Versicherungsagentin. Das ermöglicht ihr das ehrenamtliche Engagement bei ihrer Berufsorganisation: 1906 können die freien Schwestern im Luisenhospital in Dortmund ihre erste eigene Schwesternschule gründen.

Internationale Vernetzung gefördert

Auch wenn die Arbeit der freien Krankenschwestern von Presse und Politik als "Entweihung der Krankenpflege" diffamiert und sie abschätzig als "Wilde Schwestern" bezeichnet werden: Ihre Forderungen haben Auswirkungen. 1907 wird die einjährige Ausbildung eingeführt - ein Teilerfolg für Agnes Karll, die für drei Jahre eintritt.

Sie zieht sich zunehmend aus der Pflege und der Vorstandsarbeit zurück, um sich um den internationalen Austausch zu kümmern. Ihre "Wilden Schwestern" werden Mitglied im "International Council of Nurses" (ICN) mit Sitz in Genf. Beim ICN-Kongress am 5. August 1912 in Köln wählen fast 1.000 Krankenpflegerinnen aus aller Welt Agnes Karll zur Ehrenpräsidentin.

Trotz viel Arbeit in finanzieller Not

Als internationale Funktionärin und Übersetzerin einer zweibändigen englischen Geschichte der Krankenpflege schreibt Agnes Karll:

"Artig Kind sagt nichts, kriegt aber auch nichts! Das haben wir lange genug gespielt!" Agnes Karll, Krankenpflege-Reformerin

Die letzten Lebensjahre verbringt die Reformerin bei einer befreundeten Schwester in der Schweiz und Berlin - trotz unermüdlicher Arbeit in finanzieller Not.

Kurz vor ihrem Tod im Februar 1927 in Berlin schreibt die 58-Jährige schwer krank: "Die Saat wird vielleicht doch einmal aufgehen." Die von ihr angestrebte Professionalisierung geht jedoch nur langsam voran: Die dreijährige Ausbildung kommt erst mit dem Krankenpflegegesetz von 1965.

Autorin des Hörfunkbeitrags: Doris Arp
Redaktion: Gesa Rünker

Programmtipps:

ZeitZeichen auf WDR 5 (9.45 Uhr) und WDR 3 (17.45 Uhr) erinnert am 25. März 2023 an Agnes Karll. Das ZeitZeichen gibt es auch als Podcast.

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