Ein Kursmakler sitzt am Montag, 21. Januar 2008, vor der Anzeigentafel des Deutschen Aktienindex (Dax) an der Wertpapierboerse in Frankfurt. Der Deutsche Aktienindex ist regelrecht abgestuerzt.

21. Januar 2008 – Der Aktienindex Dax bricht ein

Für Aktionäre beginnt das Jahr 2008 wenig erfreulich: Die Krise am US-Immobilienmarkt drückt seit Wochen auf die Börsenkurse. Als am 21. Januar noch Panik aufkommt, stürzt der Dax ins Bodenlose.

Schon kurz nach Handelsbeginn zeigen an diesem Montag alle Charts steil nach unten. Auf den Bildschirmen der Aktienhändler blinken überall rote Minuszeichen. "Dann versucht man halt, Verluste zu begrenzen, Schadensbegrenzung zu betreiben", erinnert sich Daniel Kühn, der 2008 als sogenannter Day-Trader arbeitet, an diesen verlustreichen Tag.

Der "Schwarze Montag" 2008, Beginn der Weltfinanzkrise (am 21.01.2008)

WDR ZeitZeichen 21.01.2023 14:31 Min. Verfügbar bis 21.01.2099 WDR 5


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Größten Tagesverluste sei dem 11. September 2001

Doch die Abwärtsdynamik ist nicht mehr aufzuhalten. In einer Kettenreaktion purzeln die Kurse immer weiter. Bei Handelsschluss liegt der Dax 7,2 Prozent niedriger bei 6790,19 Punkten. Es ist der schwärzeste Tag auf dem Börsenparkett seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001.

Woher kommt die Abwärtsdynamik?

Warnungen hatte es schon länger gegeben. Aber wie so häufig überwiegt die Hoffnung, dass es vielleicht nicht so schlimm wird – oder es nur die anderen trifft. Immerhin liegt der Auslöser für die Unsicherheit an den Finanzmärkten weit weg auf der anderen Seite des Atlantiks.

Dort hatte Anfang der 2000er-Jahre niedrige Zinsen und erleichterte Kreditvergaben für Kleinverdiener zu einem Boom am US-amerikanischen Immobilienmarkt geführt. So hatten immer mehr US-Bürger, die es sich eigentlich nicht leisten konnten, mit einem Kredit Häuser und Wohnung gekauft. Als die Zinsen steigen, können viele die Belastungen nicht mehr tragen. Statt satten Renditen verbuchen die US-Finanzinstitute nun reihenweise Zahlungsausfälle, damit verbundene Wertpapiere verlieren rapide an Wert.

Deutsche Banken droht die Pleite

Auch deutsche Banken haben mit solchen riskanten Papieren spekuliert. Die Mittelstandsbank IKB muss schon im Sommer 2007 mit staatlicher Hilfe gerettet werden. Am Abend vor dem Aktien-Crash gibt es eine Krisensitzung mit der NRW-Landesregierung: Die WestLB sitzt wegen riskanter Spekulationen ebenfalls in der Patsche und braucht vier Milliarden Euro "frisches Kapital". Es ist der Anfang vom Ende der einst mächtigen Westdeutschen Landesbank.

Lehman Brothers muss Insolvenz anmelden

Es kommt noch schlimmer: Am 15. September 2008 meldet die US-Investmentbank Lehman Brothers Insolvenz an. Die Nachricht schickt die Börsen weltweit weiter auf Talfahrt. Betroffen sind auch rund 50.000 deutsche Anleger, die ihren Bankberatern vertraut und ihr Erspartes in Lehman-Zertifikate gesteckt hatten. Diese Papiere sind über Nacht wertlos geworden und es wird Jahre dauern, bis zumindest ein Teil des Kapitals zurückfließt.

Finanzdesaster löst Konjunkturkrise aus

Schon bald schlägt die Finanzkrise auf Industrie und Handel über, aus der Finanzkrise wird eine Konjunkturkrise. Im ersten Quartal 2009 bricht das Wirtschaftswachstum so stark ein wie noch nie nach dem Zweiten Weltkrieg. Vergleiche mit der "Großen Depression" nach dem Börsencrash von 1929 werden gezogen. Die deutsche Regierung kämpft mit einem umfangreichen Konjunkturprogramm gegen die Rezession. Dank der Subventionen in Milliardenhöhe übersteht die deutsche Wirtschaft die Krise relativ schnell.

Lässt sich Gier reglementieren?

Doch das Vertrauen in die Finanzbranche ist nachhaltig beschädigt. Wie kann es sein, dass eine kleine Gruppe Finanzmarkt-Jongleure die Weltwirtschaft in die Knie zwingen kann? Politik und Wirtschaft sind sich einig, dass sich das nicht wiederholen darf.

In der Folge werden die Regeln für Banken und ihre Beaufsichtigung verschärft. Verbraucher müssen von Banken und Beratern noch deutlicher aufgeklärt werden über das Risiko von Geldanlageformen. Doch der Versuch der besseren Reglementierung sei fehlgeschlagen, so die Kritik, bei den entscheidenden Punkten wie der Finanztransaktionssteuer hätten sich stets die Lobbyisten durchgesetzt.

Doch die Gier findet immer noch Schlupflöcher: Wirecard-Betrug, Cum-Ex-Skandal, Millionen-Boni für Manager. So ganz lässt sich der Missbrauch wohl nicht abstellen und einige Experten warnen immer wieder davor, dass das Finanzsystem nicht gegen einen neuen Crash gefeit ist.

Trotz zahlreicher Krisen: Dax langfristig im Aufwärtstrend

Es dauerte drei Jahre bis der Dax die Verluste des 21. Januar 2008 wieder aufgeholt hatte. Danach folgten noch Euro-Krise, Corona-Pandemie und Ukraine-Krieg. Dennoch liegt das deutsche Börsenbarometer Anfang 2023 mehr als doppelt so hoch wie nach dem Crash-Tag 2008.

Autor des Hörfunkbeitrags: Kay Bandermann

Redaktion: Matti Hesse

Programmtipps:

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