US-Investmentbank Lehman Brothers, New York

Stichtag

15. September 2008 - Investmentbank Lehman Brothers meldet Konkurs an

Nach 158 Jahren ist Schluss: Das traditionsreiche Bankhaus Lehman Brothers meldet am frühen Montagmorgen, dem 15. September 2008, in New York Insolvenz an. Vorangegangen ist ein dramatisches Wochenende. US-Finanzminister Henry Paulson hat sich mit den Spitzenmanagern der wichtigsten Wall-Street-Banken zu einer Krisensitzung getroffen. In ähnlichen Fällen hat die US-Regierung mit Steuergeldern geholfen: Noch Anfang September hat sie den Hypothekenbanken Fanny Mae und Freddie Mac Bürgschaften gewährt und die Institute unter Zwangsverwaltung gestellt. Doch diesmal bleibt Paulson hart. Nicht jeder, den sein Gewinnstreben in immer höhere Risiken getrieben habe, solle damit rechnen können, dass der Staat einspringe. US-Präsident George Bush befindet sich zu diesem Zeitpunkt im Wahlkampf gegen seinen Herausforderer Barack Obama und fürchtet den Zorn der Bürger. Denn im Jahr zuvor hatte Lehman Brothers noch einen Rekordgewinn von vier Milliarden Dollar verkündet.

Doch ohne Aussicht auf staatliche Hilfen wollen sich andere Banken bei Lehman Brothers nicht engagieren. Damit scheitert die Rettung: Die von deutschen Einwanderern gegründete Bank bricht unter einer Schuldenlast von 630 Milliarden Dollar zusammen. Der US-Aktienindex "Dow Jones" bricht ein und erleidet den stärksten Tagesverlust seit den Terrorattacken am 11. September 2001. Mit immensen Folgen: Die Pleite löst eine weltweite Finanz- und später Wirtschaftskrise aus - mit vielen Jobverlusten und Kurzarbeit.

Mit riskanten Papieren spekuliert

Für viele Experten kommt der Crash nicht unerwartet. Lehman und andere Banken hatten von einem Immobilienboom in den USA profitiert - bis diese Blase schließlich platzte. Zu Beginn hatten niedrige Zinsen und erleichterte Kreditvergaben auch Kleinverdiener zu Hauskäufen verleitet. Die Banken stellten neuartige Immobilienfonds zusammen. Wegen hoher Renditeerwartungen kauften auch europäische Anleger diese Papiere. Doch als die US-Notenbank ab 2004 die Leitzinsen erhöhte, hoben auch die Geschäftsbanken ihre Zinsen an. Viele Hausbesitzer können daraufhin die Belastungen nicht mehr tragen und die Finanzinstitute schreiben rote Zahlen. Binnen Monaten erreicht die Krise auch die Großen der Branche. Allein in Deutschland verlieren zehntausende Sparer ein Vermögen von insgesamt mehr als einer halben Milliarde Euro.

Auch deutsche Banken sitzen auf "faulen Krediten" oder haben mit riskanten Papieren spekuliert, zum Beispiel die Münchner Hypo Real Estate, die Mittelstandsbank IKB und Landesbanken. Schon bald schlägt die Finanzkrise auf Industrie und Handel über, auf die sogenannte Realwirtschaft. Im ersten Quartal 2009 bricht die Konjunktur so stark ein wie noch nie nach dem Zweiten Weltkrieg. Vergleiche mit der "Großen Depression" nach dem Börsencrash von 1929 werden gezogen.

Konjunkturpaket von 50 Milliarden Euro

Um das Weltfinanzsystem zu stabilisieren, werden sogenannte Rettungspakete beschlossen. Die Bundesregierung stellt den deutschen Banken rund 480 Milliarden Euro in Aussicht. Nahezu alle Industrienationen greifen mit Milliarden in den Markt ein und verstaatlichen einen Teil ihrer Banken.

Doch die Finanzspritzen der Regierungen wirken nur kurzfristig. Die Finanzkrise wird zur Weltwirtschaftskrise. In Amerika, Asien, China und Europa stockt der Handel, verzeichnen die Firmen Auftragseinbrüche - allen voran die Automobilindustrie. Die Bundesregierung beschließt 2009, mit 50 Milliarden Euro die Wirtschaft anzukurbeln. Bereits genehmigte Autobahnen, Kanäle und Bahnhöfe sollen nun früher als geplant erweitert werden. Das Konjunkturpaket treibt Deutschland in eine neue Rekord-Verschuldung: auf über eine Billion Euro.

Stand: 15.09.2013

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