- Sendehinweis: Das philosophische Radio | 30. Oktober 2023, 20.04 Uhr | WDR 5
Die Philosophin Susan Neiman
Wie aktuell die Frage der Wokeness ist, zeigt sich zum Beispiel an dem Konflikt der im Moment die Partei "Die Linke" zu zerreißen droht. Dahinter steckt letztlich die Frage, was genau es heute eigentlich bedeutet links zu sein: Wie stark sollen woke Themen im Mittelpunkt der Politik stehen? Aber auch bei eher rechts gelagerten Politiken steht das Woke im Fokus, und zwar erbittert, etwa als Feindbild (nicht nur) für kommende Wahlkämpfe. Das alles wirft natürlich zuerst einmal die Frage auf, was genau eigentlich gemeint ist mit "woke". Der Duden liefert folgende Definition: "In hohem Maß politisch wach und engagiert gegen (insbesondere rassistische, sexistische, soziale) Diskriminierung." Das macht deutlich, warum die Wokeness zumindest auf den ersten Blick eine linke Angelegenheit ist: Es geht um Gerechtigkeit und darum, niemanden zu benachteiligen. Woke meint im Prinzip "wach bleiben für Ungerechtigkeit". Der Ausdruck ist schon seit den 1930er Jahren bekannt – in den letzten zehn Jahren erhielt er eine so massive Verbreitung, dass man von einer Bewegung sprechen kann. Schaut man sich die Bezugspunkte mit der Philosophin Susan Neiman etwas genauer an, so ist die Zuordnung auf den zweiten Blick schon etwas komplizierter. Denn das woke Denken mit Blick auf Identitäten hat Anteile von Stammesdenken, und das ist alles andere als links, eher im Gegenteil. "Woke ist nicht links" – das ist also die zentrale These von Susan Neiman. Sie kritisiert und hinterfragt das Woke vor allem mit Blick auf den theoretisch-philosophischen Hintergrund, der für das Thema eine grundlegende Bedeutung hat. Susan Neiman versteht sich als eine Verteidigerin der Aufklärung, mit dem Glauben an die Vernunft, den Fortschritt, den Universalismus. Diese Ideen gelte es zu bewahren.
Was ist links und was ist woke? Was ist wichtiger, Identität oder Universalismus? Welche Bedeutung hat das Denken der Aufklärung heute? Wie halten Sie es mit der Wokeness?
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Redaktion: Gundi Große
Literaturhinweis: Susan Neiman: Links ist nicht woke. Hanser Berlin, 2023