Ein junger Gorilla sitzt in einem Wald auf einem hochgelegenen Baumstumpf und hält sich mit einem Arm am Stamm fest. Dabei sieht er in die Ferne und fasst sich mit der anderen Hand auf die Brust.

Alphatier- und Chefgebaren - lassen sich da Rückschlüsse auf die Natur des Menschen ziehen?

Wir leben in einer Gesellschaft, in der die (Natur-)Wissenschaften eine zentrale Bedeutung haben, auch für politische Entscheidungen. Wie können wir sicher stellen, dass wissenschaftliche Erkenntnisse nicht von Ideologie bestimmt sind?

Zwischen Wissenschaften und Ideologien gibt es eine klare Unterscheidung. Insbesondere die Naturwissenschaften sollen streng objektiv und wertfrei sein. Unter einer Ideologie versteht man dagegen eine weltanschauliche Haltung zu einem Thema, da steckt die Parteilichkeit schon per definitionem drin. Die Frage ist, ob man eine scharfe Linie ziehen kann zwischen Wissenschaften und Werten oder zwischen Wissenschaft und Ideologie, sagt die Philosophin Rebekka Hufendiek. Und daraus folge schon die nächste Frage: "Wann und wo wird es problematisch, wenn Wissenschaft und Werte nicht scharf voneinander getrennt werden?"

Rebekka Hufendiek

Die Philosophin Rebekka Hufendiek

Als ein Beispiel führt die Philosophin den Blick auf das so genannte "Alphatier" an. In der Verhaltensforschung ist das Leittier einer Gruppe gemeint. Um innerhalb einer Tierpopulation ein Leittier auszumachen, braucht es facettenreiche Analyse komplexer Verhältnisse – und auch eine Interpretation der Beobachtungen. Schon hier, etwa bei der Auswahl von Methoden und Hintergrundtheorien der Untersuchung, kann Weltanschauliches mit einfließen.

Nun wird dieser Begriff des "Alphatiers", der lange ausschließlich der wissenschaftlichen Beobachtung von Tierpopulationen vorbehalten war, seit den 1980er Jahren auch auf den Menschen angewandt. Die Rangordnung aus Tierwelten wird auf Menschenwelten übertragen. Dabei wird eine Wissenschaftlichkeit behauptet, die keinerlei Grundierung hat. Dass es solche "natürlichen" Rangordnungen auch beim Menschen gibt, ist überhaupt nicht belegt, es ist eine ideologische Annahme ohne (natur-)wissenschaftliche Basis. Trotzdem sind viele Menschen davon überzeugt.

Welchen Einfluss haben Ideologien auf die Wissenschaften? Wie lässt sich beides trennen? Welche Bedeutung haben wissenschaftliche Erkenntnisse für Sie und Ihr Denken?

Hörer:innen können mitdiskutieren unter 0800 5678 555 oder per Mail unter philo@wdr.de.

Redaktion: Gundi Große

Rebekka Hufendiek: Wissenschaft und Ideologie

WDR 5 Das philosophische Radio 04.09.2023 54:00 Min. Verfügbar bis 03.09.2024 WDR 5


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