Die sogenannte “Polarisierungsthese“ besagt, dass die Gesellschaft immer weiter auseinanderdriftet. Über zwei Jahre haben die Soziologen Steffen Mau, Thomas Lux und Linus Westheuser mit verschieden Forschungsmethoden empirisch untersucht, ob diese These haltbar ist. Die Diagnose ist eindeutig: "Unsere Untersuchungen haben nicht ergeben, dass sich zwei gesellschaftliche Gruppen unversöhnlich gegenüber stehen. Die These ist mindestens stark überzogen."
Dennoch haben viele Menschen das Gefühl, sich in einer stark polarisierten Gesellschaft zu befinden. Wie kommt das? Das liegt, sagt Steffen Mau, an intensivierten Konflikten jenseits der breiten Mitte, die allerdings in diese hineinwirken: "Die gesellschaftlichen Ränder haben an Diskursdominanz gewonnen, die breite Mitte erscheint hingehen leiser, fast abgedimmt. So kommt es fast automatisch zu dem Eindruck, die Gesellschaft als Ganzes sei zerrissen oder in große Lager aufgeteilt."
Im politischen und gesellschaftlichen Mit- und Gegeneinander gibt es bestimmte "Triggerpunkte", die einerseits den Diskurs antreiben, andererseits aber auch "gesellschaftliche Sollbruchstellen" darstellen. Solche Themen, wie etwa das Gendern oder die Klimapolitik, lassen die Diskussionen "auch dann aufschäumen, wenn sich die Beteiligten im Kern gar nicht allzu uneinig sind."
Steffen Mau empfiehlt wachsame Gelassenheit und einen überlegten Umgang mit den Triggerthemen: "Dass wir keine polarisierte Gesellschaft sind, schließt nicht aus, dass wir eine werden können."
Redaktion: Gundi Große
